Frage an Anton Hofreiter von Michael F.
Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Artikel 16a lautet.
Absatz (1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Absatz (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist.
Meine Frage: Handelt es sich bei der überwiegenden Mehrzahl der Menschen, den sicherlich bedauernswerten Flüchtlingen, um solche, die aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat kommen? Ist es in Folge der Einreise dieser Menschen, unbenommen verständlicher humanitärer Aspekte, nicht zur Verletzung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland Artikel 16a gekommen?
Mit freundlichen Grüßen
Michael B. Flöter
Sehr geehrter Herr Flöter,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Zurückweisungen von Schutzsuchenden (also Personen, die ein Asylgesuch äußern) an der Grenze sind nach der in Art.16a GG normierten Drittstaatenregelung bzw. der Dublin-Verordnung nicht zulässig: Ein Schutzsuchender kann an der Grenze nämlich nicht einfach in den EU-Nachbarstaat zurückgeschickt werden. Er darf nur in den nach der Dublin-Verordnung tatsächlich zuständigen Mitgliedstaat verbracht werden. Und dazu muss die schutzsuchende Person zunächst einmal aufgenommen und registriert werden, um dann zu prüfen, welcher EU-Staat für sie / ihn zuständig ist, oder ob es Gründe gibt, die für ein Asylverfahren in Deutschland sprechen - dies kann z.B. der Fall sein, wenn bereits nahe Verwandte hier sind. Während der Prüfung nach der Dublin-Verordnung halten sich die betroffenen Menschen damit in Deutschland rechtmäßig auf.
Die Dublin-Verordnung der EU ist weiterhin gültig. Richtig ist zwar, dass diese Verordnung seitens der Bundesregierung im August 2015 zwischenzeitlich ausgesetzt worden war. Seit dem 21. Oktober 2015 wird sie aber wieder angewandt - auch für syrische Flüchtlinge. So wurden auf dieser Grundlage seither auch unzählige Rücküberstellungsbescheide ausgestellt. Wenn im Ergebnis aber letztlich kaum ein Asylsuchender von Deutschland aus in einen anderen Mitgliedstaat zurückgeschoben worden ist, dann handelt es sich hier NICHT um das Problem, dass geltendes Recht nicht angewandt würde, sondern dass es offenkundig Probleme bei der UMSETZUNG und dem VOLLZUG gibt. Der Vorwurf des "Rechtsbruch" ist demnach falsch.
Ein letzter Punkt: Der oberste Verfassungssatz des Grundgesetzes ist der Schutz der Menschenwürde. Damit hat die Bundeskanzlerin im August 2015 ihr Handeln ("Wir schaffen das") begründet. Wenn eine Kanzlerin unter Verweis auf den obersten Verfassungssatzes handelt, ist der Vorwurf des Verfassungsbruches nicht zutreffend.
Mit freundlichen Grüßen
Team Dr. Anton Hofreiter MdB