Frage an Anton Hofreiter von Wolfgang R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter!
Gestern (9.10.) wurde in den Tagesthemen von den Vorsitzenden der Grünen angekündigt, dass sie die Flüchtlingspolitik zu einem zentralen Thema der Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU machen werden. In den Tagesthemen am Tag zuvor sprachen Sie sich in einem Interview für eine humane Flüchtlingspolitik aus. Eine Stunde vorher wurde im „Report Mainz“ berichtet, dass die zuständigen Bundesländer nur Symbolpolitik betreiben, weil sie viel zu hohe finanzielle Hürden für die Aufnahme von Syrischen Flüchtlingen durch ihre Verwandten in Deutschland aufbauten, um Kosten für den Landeshaushalt zu vermeiden. Spitzenreiter sei das von den Grünen geführte BW mit einem Nettomindestgehalt von 3100 €/Monat, was nur von wenigen Syrern erreicht wird.
Wie passt das zusammen? Wissen die Landesgrünen nicht was die Bundesgrünen wollen? Welche praktische Flüchtlingspolitik gilt denn jetzt bei den Grünen? Kann man jetzt auch den Grünen Verlautbarungen nicht mehr trauen?
Wäre dieser Wirrwarr vor der Bundestagswahl bekannt geworden, dann hätte ich die Grünen mit Sicherheit nicht gewählt!
Mit freundlichem Gruß.
Wolfgang Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de. Herr Hofreiter hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Wir Grünen wollen eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik und lehnen die derzeitige Abschottungspolitik an den Außengrenzen ab. Wir wollen keine „Festung Europa“, die dazu führt, dass Jahr für Jahr Tausende bei dem Versuch sterben, die Küsten Europas zu erreichen.
Es ist außerdem unsere humanitäre Pflicht, Flüchtlingen aus Syrien zu helfen. Dazu gehört es, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, ihnen die sichere Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Syrerinnen und Syrer, die von ihren in Deutschland lebenden Angehörigen eingeladen werden, dürfen nicht an der Einreise gehindert werden. In diesem Sinne haben wir uns sehr für den interfraktionellen Beschluss des Bundestages vom 28. Juni 2013 eingesetzt mit dem Ziel, den unbürokratischen Familiennachzug zu in Deutschland lebenden syrischen Staatsangehörigen zu ermöglichen. Nach dem Beschluss des Bundestages haben 15 von 16 Bundesländern weitgehend gleichlautende Aufnahmeanordnungen für Familienangehörige von Syrern erlassen. Jedoch enthalten die Anordnungen der Bundesländer derart hohe Anforderungen, insbesondere bei den abzugebenden Verpflichtungserklärungen, und restriktive Ausschlussklauseln, dass bis heute unter diesen Aufnahmeanordnungen kein einziger syrischer Staatsangehöriger in Deutschland aufgenommen wurde. Hier muss seitens der Bundesländer dringend nachgebessert werden: Die Aufnahmeanordnungen der Länder müssen hinsichtlich der Voraussetzungen so ausgestaltet werden, dass sie nicht ins Leere laufen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Büchler - Mitarbeiter