Frage an Anton Hofreiter von Hasko H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hofreiter
soeben erreicht mich die Meldung, das der Bundestags-Sportausschuss beschlossen hat, bei Ausschusssitzungen die Öffentlichkeit generell auszuschließen. Ich verstehe, das bei einzelnen Themen ein Ausschluss der Öffentlichkeit gewünscht ist -- aber dauerhaft? Das widerspricht meinem -- und, wie ich hoffe, auch Ihrem -- Demokratieverständnis.
Darum meine Frage an Sie als meinem Wahlkreisabgeordneten: Wird die Grüne Fraktion im Bundestag dieses Transparenzfeindliche Verhalten der Vertreter im Sportausschuss im Parlament thematisieren und Schritte zur Korrektur dieser Entscheidung unternehmen?
Mit freundlichen Grüßen
Hasko Heinecke
PS: Ich wende mich auch direkt an Ihre Kollegin Daniela Wagner aus dem Sportausschuss mit einer Frage nach ihrem Abstimmungsverhalten.
Sehr geehrter Herr Heineke,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Da ich nicht persönlich im Sportausschuss sitze, habe ich meine Kollegin Daniela Wagner MdB gebeten Ihnen zu antworten.
Tatsächlich tagt der Sportausschuss auf Antrag von Schwarz-Gelb seit dem 26.10.2011 nicht mehr öffentlich. Der Ausschluss der Öffentlichkeit wurde seitens der Regierungskoalition mit einer schlechten Berichterstattung in der Presse begründet. Zudem merkten die KollegInnen an, dass es parlamentarische Gepflogenheit sei und der Arbeitsweise des Ausschusses dienen würde, Ausschüsse nicht öffentlich tagen zu lassen. Ich stimme Ihnen völlig zu, wenn Sie in der Folge bei den AntragstellerInnen ein eigenartiges Demokratieverständnis konstatieren und Zweifel am Willen zur Transparenz hegen.
Denn beide von Schwarz-Gelb gelieferten Begründungen sind aus meiner Sicht nicht stichhaltig. Weil über die Mitglieder des Sportausschusses in Presse und Rundfunk berichtet wurde, sie würden während der Sitzungen lieber Spiele spielen oder „Nickerchen“ machen, so kann die Antwort darauf nicht lauten, den Ausschuss künftig zu einer geschlossenen Gesellschaft zu erklären. Wenn die Berichterstattung einem Regierungsmitglied nicht genehm ist, dann erzeugt die nun gezeigte Reaktion erst Recht Misstrauen. Nur unter den Bedingungen der Öffentlichkeit lässt sich das in diesen Wochen und Monaten so schwer geprüfte Vertrauen in die Politik wiedergewinnen.
Die zweite von Schwarz-Gelb gegebene Begründung trifft ebenfalls nicht zu. Der EU-Ausschuss tagt noch immer öffentlich und es ist nicht zu erkennen, dass dieser Umstand zu irgendeiner Beeinträchtigung in der Arbeitsweise führen würde. Im Gegenteil: es kommt erst jetzt im Sportausschuss zu Problemen, weil Sachverständige nicht wie vorher üblich der Sitzung beiwohnen können, sondern erst zum Tagesordnungspunkt selbst in den Sitzungssaal gelassen werden. Ausschusssitzungen haben aber leider die Eigenschaft, dass eine genaue Terminierung meist nicht möglich ist. So sitzen die Experten seit jenem Beschluss so lange vor der Tür, bis sie hereingelassen werden. Das zeugt von mangelndem Respekt den geladenen Sachverständigen gegenüber und führt zudem zu Störungen im Ablauf der Sitzungen. Sie weisen zu Recht darauf hin, dass es Gelegenheiten gibt, bei denen der Ausschluss der Öffentlichkeit geboten ist, da es sich um sensible Themen handelt. Dies aber zu einem Dauerzustand zu machen, folgt keinen Sachzwängen, sondern ist höchstens Ausdruck eines verletzten Stolzes der AntragstellerInnen.
Leider verpasst die Bundesregierung ein ums andere Mal Gelegenheiten, Beschädigungen des Ansehens eines demokratischen Rechtsstaates zu vermeiden oder zumindest wiedergutzumachen. Selbstverständlich habe ich gegen den Antrag auf Nicht-Öffentlichkeit in den Sitzungen des Sportausschusses votiert und jede weitere Initiative unterstützt, die dieses Possenspiel zu einem Ende bringt. Darin sind sich im Übrigen alle Oppositionsparteien einig. Eine Lösung dieser Situation kann meiner Meinung nach aber nur in einer vollständigen Öffnung der Ausschusssitzungen bestehen. Denn Transparenz kann nur bedeuten, die Ausschusssitzungen wie vorher üblich für alle Interessierten zu öffnen und nicht punktuelle Lösungen zu finden, die nach meist subjektiven Kriterien getroffen werden müssten.
Einen Bericht zu diesem Thema finden Sie auch auf der Fraktionsseite von Bündnis 90/Die Grünen.
Da sich die Mehrheitsverhältnisse im Sportausschuss vorerst nicht verändern werden, ist eine baldige Änderung des jetzigen Zustandes nur zu erwarten, wenn Schwarz-Gelb eine Einsicht in die Lächerlichkeit der jüngst getroffenen Regelung hat. Ich hoffe, dass dies kein frommer Weihnachtswunsch bleibt und wünsche Ihnen ein paar besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Mit besten Grüßen,
Daniela Wagner, Dr. Anton Hofreiter