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Anton Hofreiter
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Frage von Rainer H. •

Frage an Anton Hofreiter von Rainer H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter,

mit erschüttern habe ich am 24. Juni 2011 Frontal21 gesehen, in dem über die Privatisierung des Betriebes von Autobahnen berichtet wurde. Alleine das Thema Privatisierung ist für mich seit langen ein Reizthema, da es Themen gibt, die m.E aus Gründen der Sicherheit der Volkswirtschaft nicht privatisiert werden dürften.
Das jedoch nur nebenbei angemerkt.
Der Hauptgrund meine Anfrage ist, dass Sie als Parlamentarier das Verkehrsmisnisterium gebeten haben Zahlen und Informationen offen zu legen, die sich auf die Privatisierung des Betriebes einer oder mehrerer Autobahnabschnitte beziehen.
Wenn ich das richtig gesehen habe, erhielten Sie KEINE Zahlen (alle geschwärzt) mit der Begründung, da die Zahlen als Geheim eingestuft sind.
In diesem Zusammenhang hätte ich gerne gewußt, wie die Vergabe sochen Privatisierungen generell abläuft:
- hat das Parlament da ein Mitspracherecht oder
- muss über jeden einzelnen Fall im Parlament abgestimmt werden oder
- kann das vom Verkehrsministerium alleine entschieden werden und
- wer übt eine Kontrolle aus?

Sollte das Verkehrsministerium alleine entscheiden dürfen, stellt sich mir dennoch die Frage, warum Parlamentarier nicht alle Informationen erhalten. Zum einen erweckt es den Eindruck, dass dabei etwas nicht stimmt und zum anderen fehlt anscheinend jegliche Kontrolle.

Die Problematik der ausfühlichen und vollumfänglichen Informationen der Parlamentarier durch die Ministerien fällt mir schon länger auf.
Wie will/kann das Parlament überhaupt über solche Themen abstimmen, wenn ihnen nicht alle Infos vorliegen?
Haben Sie darüber schon einmal mit Herrn Lammert gesprochen?
Sollten die Parlamentarier nicht einfach mal in deinen "Streik" treten und darlegen, dass sie bei unzureichender Info NICHT abstimmen können?

Ich hoffe, Sie geben nicht auf.

MfG
R. Hoppenstedt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hoppenstedt,

Offiziell darf der Bund zwar PPP-Modelle nur dann realisieren, wenn ihm dadurch kein wirtschaftlicher Schaden entsteht, aber selbst der Bundesrechnungshof hat ein Gutachten zu Öffentlich Privaten Partnerschaften (ÖPP) im Bundesfernstraßenbau veröffentlicht, woraus ersichtlich wird, dass der Bund durch diverse Zahlenspielereien in der Kalkulation der Projekte benachteiligt sein kann. PPP-Projekte im Autobahnausbau werfen mehrere Problemkreise auf, die bisher nur unzureichend geklärt wurden. Beim A-Modell schließt der Bund mit dem siegreichen Bieterkonsortium einen Vertrag über 30 Jahre. Dieser ist für diesen Zeitraum verpflichtet, den bezeichneten Autobahnabschnitt auszubauen, zu erhalten und zu betreiben. Er übernimmt somit alle Aufgaben, die vorher der Bund getragen hatte. Im Gegenzug bekommt der Betreiber die Mauteinnahmen für den Autobahnabschnitt, der aber um ca. 40 % der Ausbaustrecke verlängert ist. Dazu kommt eine Anschubfinanzierung von bis zu 50 % der Baukosten, die zu Beginn des Baus zu leisten ist.
Entscheidendes Kriterium für die Wirtschaftlichkeit der A-Modelle ist § 7 BHO, wonach der Bund zu einem sorgfältigen und sparsamen Umgang mit seinen Haushaltsmitteln aufgerufen ist. Er darf daher ein ÖPP-Projekt wie das A-Modell nur weiterverfolgen, wenn sich daraus zumindest keine wirtschaftlichen Nachteile ergeben. Nach Aussage der Bundesregierung sind alle bisher vergebenen A-Modell-Projekte um 10 bis 30 % wirtschaftlicher als das konventionelle Verfahren, indem der Staat selbst alle Aufgaben übernimmt, die er beim A-Modell an die privaten Betreiber abgegeben hat. Für den Streckenabschnitt der A8 zwischen Augsburg/West und München wurde der Gesamtvorteil zum Beispiel auf 10,02 % beziffert. Genauere Angaben zu den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen verweigerte die Bundesregierung bisher aufgrund der Wettbewerbsrelevanz der Daten. Eine aussagekräftige Begründung dafür blieb die Regierung schuldig. Sie verwies stattdessen pauschal auf einen möglichen Rückschluss auf die Wirtschaftlichkeitsschwelle für zukünftige Bieterverfahren, ohne dies mit weiteren Angaben zu belegen. Die Untersuchungen könnten aber durch Bundestagsabgeordnete eingesehen werden.
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wurden durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung(BMVBS) in Auftrag gegeben. Im Anschluss wurden die Gutachten sowohl durch das BMVBS selbst als auch durch das Bundesministerium für Finanzen(BMF) geprüft. Daneben war die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft(VIFG), die die Mauteinnahmen des Bundes verwaltet, an der Ausarbeitung und Kontrolle beteiligt.
Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sind vor allem die Verkehrsprognosen der Bundesregierung umstritten. Die Verkehrsprognose ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der A-Modelle, da sich aus ihr die Mauteinnahmen für die Betreiber über die 30jährige Laufzeit abschätzen lässt. Die Regierung geht in ihrer Einschätzung von bis 75 % weniger Mauteinnahmen aus als die Bieter in ihren Kalkulationen. Die Regierung sieht darin aber keinen Anlass an ihrer Annahme zu zweifeln, da nach ihrer Ansicht ihre eigene Prognose die wahrscheinlichste ist. Es wird aber eingestanden, dass für die Berechnung der Verkehrsmengen kein einheitliches Verfahren existiert und die Grundlage der Daten sehr unsicher ist. Trotzdem kommt es für die Regierung nicht in Betracht, die Werte der Bieter zu berücksichtigen oder zumindest eine Vergleichsrechnung durchzuführen. Die Prognosen der Bieter wie auch die sonstigen Einschätzungen der Verkehrsentwicklung, die BMVBS regelmäßig erhebt und veröffentlicht, spielten daher im Verfahren keine Rolle. Die Regierung zieht stattdessen den Rückschluss, dass es sich dabei um ein Markteintrittsphänomen handelt, da hohe Mauteinnahmen eine geringe Anschubfinanzierung durch den Bund zur Folge haben und diese das entscheidende Kriterium im Vergabeverfahren ist. Die Bieter versuchen so möglichst im aufstrebenden Markt der A-Modelle Fuß zu fassen und sich für weitere Projekte zu empfehlen. Andere Gründe sind für die Regierung aus den Angeboten nicht ersichtlich. Insbesondere schließt sie aus, dass ihre eigene Annahme nicht eintreten wird und es angesichts der divergierenden Kalkulation der Mauteinnahmen zu finanziellen Problemen bei den Bietern kommt.
Das Risiko für den Ausfall der Mauteinnahmen tragen die Betreiber der A-Modelle. Diese betreiben die Projekte nach ihrer eigenen Kalkulation und haben für Fehlbeträge selbst einzustehen. Im Ausnahmefall sind aber Kompensationszahlungen seitens des Bundes vertraglich vorgesehen. Hiervon werden jedoch nur Risiken abgedeckt, die die Betreiber nicht beeinflussen können, z.B. Baustellen vor der A-Modell-Strecke, nicht aber die Höhe der Verkehrsmenge. Der Betreiber haftet weiterhin das Risiko der fristgerechten Fertigstellung des Ausbaus und Instandhaltung der Strecke. Der Bund hingegen steht für die funktionierende Erfassung und Weiterleitung der Maut durch die Toll Collect GmbH, den Baugrund und die Planfeststellung des Autobahnabschnitts ein. Falls es zu einer Erhöhung der Mautgebühren kommt, stehen diese Mehreinnahmen dem Betreiber nicht in vollem Umfang zu. Es werden lediglich vertraglich festgelegte Steigerungen nach einem Preisindex zugelassen.
Angesichts von Konzessionsvolumina in Höhe von mehreren Milliarden € , wobei allein der Kostenrahmen des A- Modells der A8 730 Mio € beträgt, ist eine transparente und nachvollziehbare Evaluation der Pilotprojekte mehr als notwendig. Die bislang von der Bundesregierung veröffentlichten Daten lassen eine derartige Untersuchung nicht zu und tragen zu keiner kritischen Begleitung der A-Modelle bei.

Mit freundlichen Grüßen

Büro Dr. Anton Hofreiter, MdB

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