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Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Karl Dr. H. •

Frage an Anton Hofreiter von Karl Dr. H. bezüglich Umwelt

1) Welchen Stellenwert geben Sie Natur- und Umweltschutz im Verhältnis zu Verkehrsaspekten oder wirtschaftlichen Belangen oder Zwängen? Sehen Sie Grenzen von Straßenbauprojekten in besonders hervorragenden Natur- und Erholungsräumen?

2) Der erste Zwischenbericht der Machbarkeitsstudie ermittelte für diesen Planungsraum durchwegs sehr hohe und äußerst hohe Planungshindernisse und Raumwiderstände. Was halten Sie davon, dass die Studie ohne Rücksicht auf die festgelegten Planungshindernisse fortgesetzt wird?

3) Halten Sie die Regelungen für den Lärm- und Immissionsschutz an Straßen in der Bundesrepublik für ausreichend?

4) Was halten Sie davon, dass zahlreiche Verwaltungsbehörden und sogar viele
Gerichte sich über die für Strassenneubauten zwingend vorgeschriebenen Immissionsgrenzwerte nach der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) hinwegsetzen?

Nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (E. vom 20.05.1998-11 C 3/97 = NVwZ 1999.67) ist bei Strassenneubauten oder wesentlichen Änderungen, die zu gesundheitsschädlichen Lärmwerten führen, eine Umplanung vorzunehmen.
Sind Sie dazu bereit, diese Forderung, gegen die ebenfalls häufig verstoßen wird,
zum Gegenstand einer zwingenden rechtlichen Regelung zu machen?

Über eine baldige Antwort würden wir uns freuen
(Vereinigte Bürgerinitiativen Südlicher Erholungsraum München)

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

> 1) Welchen Stellenwert geben Sie Natur- und Umweltschutz im Verhältnis
> zu Verkehrsaspekten oder wirtschaftlichen Belangen oder Zwängen? Sehen
> Sie Grenzen von Straßenbauprojekten in besonders hervorragenden Natur-
> und Erholungsräumen?

Verkehr und Wirtschaft haben keinen Vorrang vor Natur- und Umweltschutz. Die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen hat Vorrang, und alles Wirtschaften muss mit diesem Ziel in Einklang gebracht werden. In "hervorragenden Natur- und Erholungsräumen" sollen überhaupt keine neuen Straßen mehr gebaut werden.

>
> 2) Der erste Zwischenbericht der Machbarkeitsstudie ermittelte für
> diesen Planungsraum durchwegs sehr hohe und äußerst hohe
> Planungshindernisse und Raumwiderstände. Was halten Sie davon, dass
> die Studie ohne Rücksicht auf die festgelegten Planungshindernisse
> fortgesetzt wird?

Sie beziehen sich hier auf die Planungen der A 99 Süd bei München. Es war schon falsch, die Machbarkeitsstudie überhaupt zu beginnen, da 2004 der Bundestag "keinen Bedarf" für den Autobahn-Südring festgestellt hat. Spätestens nach dem Zwischenbericht hätte die Studie abgebrochen werden müssen. Die Fortsetzung zeigt, dass sie nicht neutral, sondern interessengeleitet ist.

>
> 3) Halten Sie die Regelungen für den Lärm- und Immissionsschutz an
> Straßen in der Bundesrepublik für ausreichend?

Nein, die Vorschriften bleiben hinter den neueren Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung zurück. Die Lärmgrenzwerte müssen gesenkt werden.

>
> 4) Was halten Sie davon, dass zahlreiche Verwaltungsbehörden und sogar
> viele Gerichte sich über die für Strassenneubauten zwingend
> vorgeschriebenen Immissionsgrenzwerte nach der 16.
> Bundesimmissionsschutzverordnung
> (BImSchV) hinwegsetzen?

Wenn dies zutrifft, ist es ein untragbarer Zustand. Die rechtlilchen Regelungen für den Verkehrslärmschutz müssen ohnehin überarbeitet und präzisiert werden.

>
> Nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (E. vom
> 20.05.1998-11 C 3/97 = NVwZ 1999.67) ist bei Strassenneubauten oder
> wesentlichen Änderungen, die zu gesundheitsschädlichen Lärmwerten
> führen, eine Umplanung vorzunehmen.
> Sind Sie dazu bereit, diese Forderung, gegen die ebenfalls häufig
> verstoßen wird, zum Gegenstand einer zwingenden rechtlichen Regelung
> zu machen?

Ja. Wobei die Abkehr vom Straßenneubau besser ist als die Umplanung. Daher ist es wichtig, grundsätzlich die Straßenbaupläne zu entrümpeln.

Mit freundlichen Grüßen
i. A. Dr. Volker Leib
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

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