Frage an Antje Blumenthal von Leonard E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Blumentahl,
Die amerikanische Reaktion im Sicherheitsrat in den ersten Stunden des Konfliktes hat sehr deutlich gezeigt, dass das Vorgehen Georgiens geduldet, wenn nicht unterstützt, wurde. So wurde ein Resolutionsentwurf Russlands, nach welchem beide Seiten zur sofortigen Einstellung der Kampfhandlung aufgerufen wurden, durch die amerikanisch-britische Seite abgelehnt. Der Sicherheitsrat war faktisch Handlungsunfähig.
Sie nannten die Reaktion Russlands (d.i. die Eliminierung der Handlungsmöglichkeiten des georgischen Militärs, was logischerweise einen Eingriff ins Kernland Georgien erfordert) auf den Mord an russischen Friedenssoldaten und Staatsbürgern unverhältnismäßig.
Meine Frage an Sie, wie hätte Russland reagieren sollen? Was wäre verhältnismäßig gewesen?
Mit freundlichen Grüßen
Leonard Euler
Sehr geehrter Herr Euler,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage vom 12. September.
Man kann sicher davon sprechen, dass Georgiens militärische Offensive den entscheidenden Anlass für die Ausweitung des Südossetienkonflikts für einen offenen militärischen Konflikt geliefert hat. Völkerrechtlich jedoch, gehören Südossetien wie Abchasien zu Georgien. Hier hat Russland durch seinen Truppeneinmarsch und die über Südossetien hinausgehenden Militäraktivitäten die anerkannte Staatsgrenze Georgiens verletzt. Unverhältnismäßig im russischen Vorgehen sind für mich zudem die Angriffe Russlands auf georgische Städte wie Gori oder Poti, die weit außerhalb der Konfliktzone liegen und nicht mit der unmittelbaren Verteidigung Südossetiens begründet werden können.
Das vordringliche Problem, dem wir zurzeit begegnen müssen, ist die Durchsetzung und Sicherung der Waffenruhe, um wieder stabile Verhältnisse zu schaffen. Davor sollte der Versuch die völkerrechtlichen Schuldfragen vollständig zu klären, zurücktreten. Es ist momentan wichtiger, dafür zu sorgen, dass der Waffenstillstand eingehalten wird und die Flüchtlinge versorgt werden. Danach wird es die Aufgabe der Europäer, der internationalen Gemeinschaft und ihrer Institutionen sein, beide Seiten zusammenzuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Blumenthal