Frage an Antje Blumenthal von Benjamin L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Blumenthal,
haben Sie vor der Abstimmung über den Entwurf zu EU-Verfassung diesen ganz gelesen und abgewogen?
Glauben Sie, daß der Wähler das genauso gut kann, wie Sie, wenn dieser den gleichen Zugang zu Informationen hätte, wie Sie? Ist der Wähler, um den es hier geht in der Lage zu entscheiden, wen er in den Bundestag wählen soll?
Haben Sie das Gefühl, daß eine Verfassung vom Volk verabschiedet werden sollte?
Ich grüße Sie herzlich,
Benjamin Laumann
Sehr geehrter Herr Laumann,
gerne beantworte ich Ihnen ihre Fragen:
1) Ich habe den Entwurf über die EU-Verfassung zwar nicht zur Gänze gelesen (immerhin knapp 500 Seiten Vertragswerk), aber sehr wohl die für meine Interessen- und Aufgabengebiet wichtigen Passagen, die ich selbstverständlich auch abgewogen habe.
2) Diese Frage lässt sich pauschal nur schwer beantworten, hängt die Antwort doch von einer Reihe verschiedener Faktoren ab, die so unterschiedlich wie die Wähler selbst sind. Generell ist es aber sicher nicht "jedermanns Sache", juristische Vertragswerke durchzuarbeiten und auch zu verstehen - auch ich habe oftmals Schwierigkeiten, mich in dieser zum Teil sehr speziellen Materie zurechtzufinden. Ich denke aber, das "dem Wähler" genügend Informationen zur Verfügung stehen, sich selbst ein Bild über die wesentlichen Eckpunkte des Vertragswerks zu machen.
3) Selbstverständlich.
4) Ich bin der Auffassung, dass sich Volksinitiative, Volksbegehren und Volksabstimmung auf der für den Bürger überschaubaren kommunalen und auf der Landesebene bewährt haben. Hier sind sie auszubauen. Sie eignen sich jedoch nicht für die komplexeren Verhältnisse auf der Bundesebene.
Plebiszitäre Formen der Staatswillensbildung stellen gegenüber dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren kein Mehr an Demokratie dar. Gegenüber der Notwendigkeit zur Reduzierung komplexer Sachfragen auf Ja-Nein-Alternativen im Plebiszit bietet das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren ein größeres Maß an Verfahrensrationalität, Interessenausgleich und Gelegenheit zum Kompromiss. Außerdem stellt es die nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz notwendige Mitwirkung der Bundesländer an der Gesetzgebung sicher, die bei nationalen Plebisziten fehlt.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Blumenthal