Frage an Ansgar Heveling von Peter S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Heveling,
vor kurzem haben Sie sich im Bundestag zur Entfristung des Paragrphen 52 a Urheberschutzgesetzes im Bundestag ausgelassen und sich fuer die Entfristung dieses Gesetzes in seinem jetzigen Wortlaut ausgesprochen.
Ich weiss nicht wie das sehen, aber ich erwarte von einem Rechtsstaat, dass Gesetze so formuliert werden, dass sie von einem Durchschnittsbuerger in ihrer Tragweite ohne weiteres verstanden und befolgt werden koennen. So jetzt heisst es in dem Gesetz "kleine Teile eines Werkes" duerfe man zugaenglich machen. Nach vielen Gerichtsprozessen, die die oeffentliche Hand abertausende von Euros gekostet haben, hat der der BGH willkuerlich befunden, dass ein kleiner Teil eines Werkes entweder maximal 12% des Textes bzw. maximal 100 Seiten ausmachen. Dies steht aber auch in Zukunft nicht im Gesetz. Ich frage Sie daher wie soll ich mich als Buerger an dieses Gesetz halten, wenn ich um die Entscheidung des BGH nicht weiss und ein ganz andere Interpretation von ´klein´ habe. Wird erwartet, dass ich alle BGH Urteile kenne, um mich an geltende Gesetze halten zu koennen oder muss ich all meine Handlungen vorher mit Juristen beraten? Das ist ja nicht das einzige Gesetz, dass -so ich will es mal nennen- schlampig formuliert ist.
Da dieses Gesetz in erster Linie wissenschaftliche Werke betrifft, die typischerweise waehrend der bezahlten Arbeitszeit von Beamten (Professor/ Richter) angefertigt werden, warum sollen dann staatliche Bibliotheken dafuer bundesweit nochmals Millionen von Euro entrichten? Bei Zeitschriften insbesondere elektronischen ist es noch absurder, alle Arbeiten (verfassen, editieren, reviewen) werden von Wissenschaftlern waehrend der Arbeistzeit umsonst verrichtet, nur die Verlage bspw. Springer oder Elsevier kassieren dafuer Mrd Euros weltweit ohne eine wirkliche Leistung zu erbringen. So werden natuerlich Universitaetsbudgets gepluendert. Warum ist das im Interesse des Steuerzahlers?
MfG
Sehr geehrter Herr Stauvermann,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Wissenschaftsurheberrecht. Gerne erläutere ich Ihnen dazu die Beweggründe der Regierungskoalition, den §52a des Urheberrechtsgesetzes zum Jahresende zu entfristen.
Das Urheberrecht ist ein Rechtsgebiet, das noch mehr als andere Rechtsbereiche von unbestimmten Rechtsbegriffen geprägt ist. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber bewusst keine definierten Vorgaben zur Höhe oder zum Umfang von Vergütungen macht. Dies hat sich insbesondere für die Praxis bewährt. Rechteinhaber und -verwerter sowie Rechtenutzer sind bezogen auf eine konkrete Nutzungshandlung viel besser in der Lage, selbst Vergütungen und Bedingungen auszuhandeln, die dann von allen Beteiligten akzeptiert werden, da sie der Nutzungsrealität entsprechen und gerecht werden, als wenn der Gesetzgeber ihnen dazu starre Vorgaben machen würde.
Dies gilt für den Bereich von Tarifverhandlungen etwa zwischen Verwertungsgesellschaften und Geräteherstellern. In anderen Bereichen wie hinsichtlich der von Ihnen zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur zulässigen Länge eines Werkteils für die Nutzung in Unterricht und Forschung ist es Aufgabe der Rechtsprechung, unbestimmt formulierte Rechtsbegriffe zu definieren und einzugrenzen. Gesetze besitzen immer übergreifende Geltung und können niemals einen Einzelfall regeln.
Im Anschluss an gesetzliche Änderungen oder höchstrichterliche Entscheidungen ist es zum einen Aufgabe der Bibliotheken oder Forschungs- und Bildungseinrichtungen, ihre Nutzer und Mitglieder über rechtlich zulässige Nutzungshandlungen zu informieren. Zum anderen richtet sich die Vorschrift primär an Bibliotheken und Forschungs- bzw. Bildungseinrichtungen und nicht an den Endnutzer, sodass es vorrangig um die Beurteilung durch eine sachkundige Institution geht.
Die von Ihnen angesprochene unentgeltliche Tätigkeit von Wissenschaftlern trifft in der Regel nicht zu. Die in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichten Beiträge stammen in den allermeisten Fällen von hochqualifizierten und –spezialisierten Wissenschaftlern, die dafür selbstverständlich ein Entgelt erhalten. Die anschließende Leistung der Wissenschaftsverlage ist mindestens ebenso wertvoll und daher unbedingt zu berücksichtigen. Der Verlag redigiert, editiert und setzt einen Artikel, um im Anschluss ein Zeitschriftenperiodikum aus vielen verschiedenen Artikeln zu erstellen, das auch digital erstellt und verfügbar gemacht wird.
Diese Leistungen der Verlage nutzen schließlich der Universität bzw. der Bibliothek, um ihren Nutzern sowie Studierenden ein attraktives Angebot zur Verfügung stellen zu können. Die dafür investierten Mittel kommen so dem Bildungssystem zugute.
Mit freundlichen Grüßen
Ansgar Heveling MdB