Warum stellt die SPD nicht das Thema Obdachlosigkeit und Armut konkret mit diesen Worten in den Vordergrund ?
Sehr geehrte Frau Klose,
Debatten und Meinungsverschiedenheiten sind wichtige Elemente einer Demokratie.
Warum werden die unteren Randgruppen nicht explizit so wenig im Wahlprogramm der SPD erwähnt?
Stichworte: Housing first / Kinderarmut / Einkommensschichten oberhalb der Grundsicherung / Vorbeugung der Abrutschen in die Armut:
Bitte keine Standardantworten, die wir überall hören !!!
Danke, Vielen Dank im Voraus,
Klaus P. B.
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Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre kritische Nachricht und Ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit.
Der Kampf für eine sozial-gerechte Gesellschaft gehört zur DNA der SPD, weshalb die Stärkung von Menschen mit einem kleinen und mittleren Einkommen im Fokus unserer Kampagne stehen. So setzen wir uns für einen armutsfesten Mindestlohn von 15 Euro ein, was für viele Menschen in unserer Gesellschaft eine sofortige Lohnerhöhung bedeuten würde. Gleichzeitig wollen wir mit dem Tariftreuegesetz sicherstellen, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen mit einem Tarifvertrag vergeben werden. In der Folge würde die Tarifbindung bei den Arbeitnehmer:innen flächendeckend gestärkt werden, wodurch mehr Menschen von verbesserten Arbeitsbedingungen profitieren würden.
Gleichzeitig haben wir ein Konzept zur Reform der Einkommenssteuer vorgelegt, mit welchem 95 Prozent der Bürger:innen entlastet, während die oberen 5 Prozent unserer Gesellschaft angemessen belastet würden. Andere neo-liberal geprägte Parteien, wie beispielsweise die Union, würden verstärkt Menschen mit höheren Einkommen prozentual, aber auch in absoluten Zahlen, entlasten. Das ist ungerecht, insbesondere in Zeiten, in welchen mehrere Millionen Menschen mit gestiegenen Preisen in den verschiedensten Lebensbereichen zu kämpfen haben.
So hat kürzlich eine Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes aufgezeigt, dass unter Berücksichtigung von nötigen Mietzahlungen in Deutschland 5,4 Millionen Menschen mehr als bislang angenommen unter der Armutsgrenze leben müssen. Insgesamt leben nach diesen Berechnungen 17,5 Millionen Menschen in Armut, was für mich ein unhaltbarer Zustand ist.
Die Mietpreise sind aktuell enorm hoch und das Angebot an verfügbarem Wohnraum zu gering. Eine Maßnahme, die zumindest ein Stück weit den Anstieg der Mietpreise abmildern kann, ist die Mietpreisbremse. Als SPD machen wir uns für ein Fortführen dieser Mietpreisbremse stark und wollen sie zusätzlich ausweiten und verschärfen. Ich persönlich setze mich für einen bundesweiten Mietendeckel ein, um den Mieter:innen eine Atempause zu ermöglichen. Wohnen darf nicht zum Luxus werden. Der Markt regelt nichts von selbst – es wird Zeit, den Markt im Interesse von Millionen Mieter:innen zu regulieren.
Mir ist bewusst, dass die Mietpreisbremse oder auch ein Mietendeckel kein Allheilmittel ist und sein wird. Für mich bleibt offensichtlich, dass in der nächsten Legislaturperiode die Frage des bezahlbaren Wohnens mit Nachdruck angegangen werden muss. Hierbei dürfen wir aus meiner Sicht auch nicht vor systemischen Fragen zurückschrecken. Denn ich bin überzeugt, dass die Bereitstellung von Wohnraum zu einem großen Teil durch die öffentliche Hand erfolgen muss. Hierfür braucht es unter anderem einen deutlichen Anstieg der Bautätigkeiten von den öffentlichen bzw. landeseigenen Wohnungsbauunternehmen, aber auch weitere Maßnahmen, um den Wohnungsbestand bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zu stärken. Aus meiner Sicht kann auch die Vergesellschaftung insbesondere von großen Wohnungsbaukonzernen, wie beim Berliner Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ vorgesehen, ein Teil davon sein. Aus meiner Sicht darf mit Wohnraum kein Profit gemacht werden, da es sich um einen grundsätzlichen Bestandteil des Lebens von Menschen handelt. Daher muss die Bereitstellung von Wohnraum allgemeinwohlorientiert organisiert werden, weshalb der Wohnraum wieder verstärkt in die öffentliche Hand gehört.
Im Bereich der Kinderarmut wollen wir als SPD endlich eine Kindergrundsicherung einführen, die dafür sorgt, dass tatsächlich kein Kind in Armut aufwachsen muss und wir eine echte Chancengerechtigkeit in unserer Gesellschaft haben. Der Handlungsdruck bleibt hoch, weshalb wir als SPD die Kindergrundsicherung auch in der nächsten Legislaturperiode wieder auf die Tagesordnung setzen wollen. Diese wollen wir so wirksam ausgestalten, dass die Kinderarmut tatsächlich wirksam bekämpft werden kann.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kurzen Einblick in das Wahlprogramm und Vorhaben der SPD sowie mir persönlich geben. Insgesamt wollen wir Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen in den aktuell schwierigen Zeiten entlasten und gleichzeitig unsere Gesellschaft zukunftsfähig machen. Das geht jedoch nur im Einklang mit einer sozial-gerechten Ausgestaltung aller Maßnahmen für die Zukunft.
Abschließend möchte ich mich für Ihre Nachricht bedanken. Mir liegt der Austausch mit den Bürger:innen sehr am Herzen und ich betrachte diesen als Bereicherung für meine politische Arbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Annika Klose