Frage an Annette Schuler von katrin s. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
guten tag frau schuler!
so ein bischen hat sie mich doch sprachlos gemacht, ihre antwort an herrn elsner. sicher leben wir nicht in einer zeit, wo man sich die arbeit aussuchen kann, dass ist mir durchaus bewusst. aber die forderungen der parteien, wir sollen gefälligst für 1.-euro die stunde arbeiten gehen und aufs feld, also meine lieben abgeordneten, minister u.w. : gehen sie doch alle mal mit gutem beispiel voran, leisten sie solch arbeiten, vor allem für diesen lohn und versuchen sie dann, ihre lebenshaltungskosten zu bestreiten. selbst mit zuschüssen vom staat ist dieses lächerlich. meine erfahrungen mit ämtern, an die man sich hilfesuchend wendet, sind ausnamslos der blanke horror. anträge werden garnicht oder nur sehr schleppend oder nur mit nachdruck von übergeordneten stellen, zermürbend bearbeitet. ich könnte einige beispiele nennen. aber mein vermieter oder der stromversorger interessiert sich nicht dafür, sie wollen ihr geld.
also ! aus einer so sicheren position, in der sie sich und ihre kollegen befinden, tja da kann man immer voll tönen.
wie sollen junge menschen da motiviert werden, zu studieren, wenn sie dann doch nur zur ernte beordert werden? vor allem, wie sollen sie da bafög und andere gebüren zurück zahlen?
meine tochter macht eine lehre zur hotelfachfrau. sie leistet fast tägl. überstunden, die zum einen mit o,oo euro fürstlich vergütet werden und zum anderen auch nicht abgebummelt werden können. sie verdient netto 100 euro weniger, als wenn sie sich ausruhen würde und hartz IV nehmen würde.
was will die politik gegen solch sklavenhalterformen unternehmen?
freundliche grüsse k.s.
Guten Tag Frau Schultze,
die Geschichte Ihrer Tochter hat mich sehr erschüttert denn es war einmal meine eigene noch vor wenigen Jahren !
Aber fangen wir doch von vorne an damit Sie besser verstehen wie Sie mich und die PARTEI und unsere Sichtweisen zu deuten haben. Unsere Mittel um hierzu Lande etwas zu erreichen heissen : Ironie, Satire, Zynismus.
Nur wenn man die Menschen vor den Kopf stösst, Ihnen zeigt wie Sie leben, wie Sie im Alltag immer wieder dieselben Fehler machen kann man heutzutage noch etwas erreichen. Wir sind genau wie Sie für Arbeit, und zwar Arbeit mit einer der Leistung oder auch Qualifizierung angemessenen Entlohnung und absolut gegen 1- Euro Jobs. Durch 1- Eurojobs, Hartz 4 etc. hat sich schon jetzt eine massive Ausweitung der Verarmung in Deutschland ergeben.
Also, die Antwort an Herrn Elsner war reine Satire und wieder einmal ein kleines Satirespielchen unsererseits. Aber wie Sie sehen hat dieses aufgerüttelt und nun denken Sie, genau wie wir darüber nach in welchen Zuständen wir hier leben !
Ich war vor einigen Jahren arbeitslos in Neukölln und habe im Monat 289 € Arbeitslosengeld erhalten, da meine Miete 240 € betrug, zusätzlich noch Strom, Telefon etc. können Sie sich sicher vorstellen in welcher Lage ich mich befand.
Ich konnte nicht davon leben und musste mich beim Sozialamt melden, da ich dachte, dass es mir danach möglich wäre zu überleben. Das Sozialamt bewilligte mir einen Zuschuss von 40 € im Monat. Das macht dann insgesamt 329€. Bitte rechnen Sie sich selbst aus wie viel einem dann bleibt, bzw. nicht bleibt wenn man davon Miete, Telefon, Essen bezahlt. Ich wusste gar nicht wohin mit dem ganzen Geld !
Zudem hatte ich ein halbes Jahr zuvor Wohngeld beantragt und dieses kam nun nach 6 Monaten Bearbeitungszeit gesammelt auf mein Konto als ich beim Sozialamt gemeldet war. Diese zogen sofort diese Summe ab und errechneten nach 3 Monaten einen Schuldenbetrag von 600 € wegen des erhaltenen Wohngeldes. Dies ist natürlich rechtmässig nicht zulässig und wurde mit schriftlichen Rechtswidersprüchen meinerseits geregelt.
Am Ende stand es dann so, dass ich noch rund 200 € bekommen hätte und das Sozialamt 600 haben wollte und das, weil ich 3 Monate 40 € bekommen sollte, die ich zu dieser Zeit tatsächlich mehr als nötig brauchte. Auch bekommt man Termine um 8 Uhr morgens und sitzt dann teilweise bis 14 Uhr dort und wartet.
Am Empfang in einem Zimmer lächelte eine Dame auf einem Werbeplakat auf dem Anmeldungstresen mit den Worten "Auf Ihre Anwesenheit können wir verzichten".
Ich war zu dieser Zeit 21 Jahre alt und hatte soeben meine Ausbildung als Fotografin abgeschlossen,leider konnte der Betrieb mich nicht übernehmen und ich beschloss hier nach Berlin zu gehen. Ich hatte in meinem jugendlichen Leichtsinn nicht die leiseste Ahnung davon wie die wirtschaftliche Lage in Berlin aussieht und was damit alles verbunden ist.
Ich habe Fachabitur und alle meine Zeugnisse haben gute bis sehr gute Noten auch in der Berufsausbildung. Innerhalb von 3 Monaten bin ich nahezu zum Soziallfall geworden ebenso wie ich zu dieser Zeit völlig kraftlos war. Es wurde für mich sehr schnell klar ,dass ich so schnell es geht wieder arbeiten muss, denn solche Zustände ertrug ich nicht. Also schrieb ich in einer Woche bis zu 100 Bewerbungen und fand dann einen befristeten Arbeitsplatz in einem berufsverwandten Gebiet. Nach 3 Tagen in dieser Firma wurde mir bewusst was ich nun alles leisten und ertragen musste :
Mindestens 40 Stunden - eigentlich aber immer 60
Keine Pausen (trotz gesetzlicher Regelungen)
Keine Bezahlung der Überstunden, Nachtarbeit, Wochenendarbeit
Keine Achtung
Keine Anerkennung
Kein gutes Gehalt (angemessen an der erbrachten Leistung)
Mobbing
Druck
und viele andere unangenehme Dinge........
Leider konnte ich, da ich ja vorher arbeitslos war, diese Stelle nicht kündigen, einen Ersatz fand ich auch nicht und so machte ich dieses Spiel 1,5 Jahre mit.
Dies alles hat dazu geführt dass ich mich danach bereit gefühlt habe, einer Selbstständigkeit gewachsen zu sein. Sie können sich sicher denken was für eine Gesinnung ein Mensch hat der solche Dinge erlebt !! Er ist auf jeden Fall immer auf der sozialen Seite!
Anschliessend kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung nur raten, dass man nicht alles hinnehmen muss, und dass man sich gegen viele Dinge wehren kann und vor allem im eigenen Interesse auch sollte. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Tochter ein erfülltes Leben und den Mut vielleicht einige Dinge zu ändern !
Alles was ich Ihnen geschrieben habe ist sehr privat - ist in diesem Fall leider KEINE Satire aber es hat meinen Zynismus geprägt !! Bitte gehen Sie angemessen damit um ! Vielen Dank !
Mit freundlichen Grüßen
Annette Schuler