Frage an Annette Schavan von Antje B. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Schavan,
durch Jugendarbeit in verschiedenen Bundesländern habe ich die Erfahrung gemacht, dass Schüler, die sich nicht am Gymnasium befinden, sehr unterschiedlich gefördert werden. z.B. liegen die Ansprüche an einen Quali, bzw. mittleren Bildungsabschluss in Bayern und Sachsen sehr hoch, in Baden-Würtemberg erhielt ich die Auskunft, einem Hauptschüler seien nicht mehr als 3-4 Worte pro Zeile zuzumuten (Lehrerseminar Tübingen!), in Hessen sagte mir ein Direktor, Man könne bei Hauptschülern nicht davon ausgehen, dass sie lesen könnten oder im Stande seien, ein tiefgehendes Gespräch zu führen (keine Migranten, sondern Deutsche!), in Schleswig-Holstein müssen Realschüler mehr wissenschaftliche Arbeiten verfassen als bayrische Gymnasiasten.
Angesichts der Aussage, es gebe zu viele, die auf Grund schlechter Schulleistung nicht ausbildungsfähig seien, macht mir das Angst.
Wie stehen Sie zu diesen extremen Differenzen?
Mit freundlichen Grüßen,
Antje Beckers
Sehr geehrte Frau Beckers,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 11. Februar 2013. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in Deutschland weisen in der Tat zum Teil erhebliche Unterschiede auf. Das haben auch die früheren Ergänzungsstudien zu PISA und IGLU gezeigt. Für die Schulen, und damit auch für die Lehrpläne, sind nach der Aufgabenverteilung unseres Grundgesetzes aber alleine die Länder zuständig, der Bund kann hier nicht direkt Einfluss nehmen. Ich selbst habe mich aber regelmäßig dafür ausgesprochen, dass die Standards zwischen den Ländern vergleichbarer werden müssen. Eine entsprechende Initiative zu verbindlichen Vereinbarungen haben kürzlich die Kultusminister der Länder Bayern, Sachsen und Niedersachsen vorgestellt. Um in der Lehrerbildung voranzukommen, habe ich den Ländern vor einiger Zeit eine "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" vorgeschlagen. Allerdings habe ich dies an die Voraussetzung geknüpft, mit einem Länderstaatsvertrag einheitliche Kriterien für diese Ausbildung festzulegen, die Transparenz zu verbessern und durch die wechselseitige Anerkennung der Abschlüsse die Mobilität nachhaltig zu verbessern. Ich setze darauf, dass sich der Föderalismus auch an dieser Stelle bewährt, zumal alle Erfahrungen lehren, dass ein zentralistisches Bildungssystem nicht geeignet ist, die Probleme vor Ort zu lösen.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan