Frage an Annette Schavan von Karin L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Dr. Schavan,
Meine Tochter wohnt in Niedersachsen und möchte im 50 km entfernten Schleswig-Hostein studieren.
Niedersachsen hat keine Zeugnisanerkennungsstelle mehr. Wer in Niedersachsen studieren will, kann seine Zeugnisse direkt von der Hochschule anerkennen lassen. In anderen Bundesländern gibt es aber noch Zeugnisanerkennungsstellen. So auch z.B. in Schleswig-Hollstein und NRW. Diese erkennen aber nur die Zeugnisse von Einwohnern ihrer Länder an und NICHT von Niedersachsen oder Bewohnern anderer Bundesländer (Nachzulesen auf den entsprechenden Seiten der entsprechenden Bildungsministerien). Dies bedeutet für meine Tochter, dass, bevor sie sich bei einer Hochschule außerhalb Niedersachsens bewerben kann, sie zunächst ihren Wohnsitz in das entsprechende Bundesland verlegen muss, um dort ihr Zeugnis anerkennen zu lassen, sich erst dann bewerben kann und ggf. abgelehnt wird. Nach Telefonaten mit den Bildungsministerien der Länder kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln. Jeder schiebt dem anderen Bundesland die Schuld zu, niemand ist zuständig.
Sie gehören zu einer Partei, die sehr viel über Europa redet. Ich habe im Sinne Europas gehandelt und meiner Tochter einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt finanziert um ihren Horizont zu erweitern und ihre Sprachkompetenz zu erhöhen. Es ist beschämend und deprimierend, dass in Deutschland die Menschen in der Bildungsbürokratie der Bundesländer, zerrieben werden.
Warum gibt es nicht EINE Zeugnisanerkennungstelle in Deutschland, warum muss JEDES Bundesland sein eigens Anerkennungsverfahren haben, eigene Anerkennungsstellen, einen eigenen Personenkreis definieren, deren Zeugnisse anerkannt werden oder nicht, eigene Regelungen, die nicht mit denen andere Bundesländer verträglich sind?
Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Europa zu tun. Das ist mittelalterliches Ständedenken zu Lasten junger engagierte Menschen und gehört abgeschafft - und zwar sofort!
Sehr geehrte Frau Langer,
vielen Dank für Ihre Frage vom 20. Juli 2012.
Das Thema, das Sie ansprechen, bezieht sich auf entsprechende Regelungen der Kultusministerkonferenz (KMK); die Bundesregierung ist hier nicht zuständig. Allerdings habe ich selbst mehrfach darauf hingewiesen, dass unser Bildungsföderalismus nicht zum Hemmschuh für Mobilität werden darf. Darüber hinaus habe ich vorgeschlagen, analog zum Wissenschaftsrat einen Bildungsrat einzurichten, der Bund und Länder aus übergreifender Perspektive zu den inhaltlichen und strukturellen Fragen unseres Bildungssystems beraten soll.
Ich bedauere, Ihnen bzw. Ihrer Tochter im konkreten Fall nicht unmittelbar weiterhelfen zu können. Ich empfehle Ihnen aber, sich direkt an das Sekretariat der Kultusministerkonferenz, Postfach 22 40, 53012 Bonn zu wenden.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan