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Annette Schavan
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Frage von Alexander M. •

Frage an Annette Schavan von Alexander M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Warum Hat Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) nicht ratifiziert?
Haben die Deutschen Abgeordneten Angst davor es könnte ihnen was durch die Lappen gehen???
Wenn man die Aussagen Ihrer Parteikollegen dazu hört, könnte man meinen das ganz Deutschland korrupt ist, AUSSER die Abgeordneten. Die würden ja NIE auf solch eine Idee kommen, sind ja alles Engelchen.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Maunz,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 10. März 2012.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion teilt in vollem Umfang Ihr Anliegen, dass Korruption umfassend bekämpft und der faire und unverfälschte marktwirtschaftliche Wettbewerb geschützt werden muss. Vor diesem Hintergrund hat die Politik in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen der Korruptionsprävention ergriffen. So ist Deutschland etwa einer der größten finanziellen Unterstützer bei der globalen Umsetzung des UNCAC.

Was die Ratifizierung von UNCAC durch die Bundesrepublik Deutschland angeht, begegnet diese deswegen Bedenken, weil das Übereinkommen Mandatsträger ohne jegliche Möglichkeit einer Differenzierung mit Amtsträgern gleichsetzt. Diese Gleichsetzung wird den Besonderheiten der verfassungsrechtlichen und tatsächlichen Stellung von gewählten Abgeordneten aber in keiner Weise gerecht.

Die Tätigkeit von Abgeordneten ist mit derjenigen von Amtsträgern nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum - gesetzesgebundenen oder ermessensgeleiteten - Handeln der Exekutive sind Mandatsträger unabhängig und keinerlei Weisungen unterworfen. Die deutsche Rechtstradition unterscheidet daher bewusst zwischen Amtsträgern und Mandatsträgern in Parlamenten.
Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen behördlichem und behördenähnlichem Verwaltungshandeln einerseits und politischem Handeln in Volksvertretungen aufgrund eines freien Mandats andererseits wäre eine Gleichbehandlung von Abgeordneten und Amtsträgern auch im Hinblick auf Strafvorschriften zur Bekämpfung von Korruption sachwidrig. So hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung über die Strafbarkeit von Angehörigen kommunaler Vertretungen vom 9. Mai 2006 darauf hingewiesen, dass bei Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung der Entscheidungsträger grundsätzlich ersetzbar ist und dass seine Entscheidungsbefugnis regelmäßig in der Verwaltungshierarchie auf einen anderen übertragen oder von höherrangiger Stelle an sich gezogen werden kann. Das Amt ist nicht personengebunden, der Amtsträger handelt aber regelmäßig weisungsgebunden.

Im Gegensatz dazu trifft der Abgeordnete aufgrund seines freien Mandats im Plenum seiner Volksvertretung eine in diesem Sinn „unvertretbare“ Entscheidung. Sein Amt ist personengebunden, er kann seine Stimmabgabe nicht auf einen Vertreter übertragen; kein anderer darf die Entscheidungsbefugnis des Abgeordneten an sich ziehen. Gerade wegen der Unvertretbarkeit der Entscheidung bei der Wahl oder Abstimmung in einer Volksvertretung spielen aber auch legitime Partikularinteressen, für deren Wahrnehmung der Mandatsträger mitunter in die Volksvertretung gewählt wurde, eine wesentliche Rolle.

Vor diesem Hintergrund bestand bei der Schaffung des § 108e StGB im Jahre 1993 weitgehende Einigkeit darüber, dass der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung nicht dem der Beamten- und Richterbestechung nachgebildet werden kann. Bei der Ausübung von Stimmrechten im Parlament spielen oft auch politische Gesichtspunkte und Rücksichtnahmen eine Rolle. Die Tätigkeit der Abgeordneten reicht über das eigentliche parlamentarische Wirken hinaus in das allgemeine politische Geschehen, wo scharf abgrenzbare Verhaltensvorschriften fehlen.

Bisher ist es nicht gelungen, die Vorschriften über die Abgeordnetenbestechung so zu konzipieren, dass sie einerseits der besonderen Stellung von Abgeordneten unter Berücksichtigung des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes Rechnung tragen und andererseits den Vorgaben des Übereinkommens der Vereinten Nationen entsprechen. Solange es diesbezüglich keinen Ansatzpunkt für eine Lösung gibt, sollte auch die Ratifikation des UN-Abkommens unterbleiben. Ansonsten würde die Bundesrepublik Deutschland sich vertragliche Pflichten auferlegen, zu deren Erfüllung sie aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht im Stande ist.

Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan