Frage an Annette Schavan von Johannes-Peter W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Schavan!
Mein Sohn hat vor 6,5 Jahren das Abitur abgelegt und möchte jetzt ein Studium beginnen.
Einer geregelten Beschäftigung ist er bisher nicht nachgegangen, sondern hat überwiegend
Sozialhilfe in Anspruch genommen.
Bin ich trotzdem gehalten, BaföG zu leisten?
Ich bitte um Beantwortung dieser Frage.
Mit frdl.
Gruß
J. Wendt
Sehr geehrter Herr Wendt,
vielen Dank für Ihre Frage vom 23. November. Ihre Frage fällt streng genommen in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Gleichwohl gebe ich Ihnen gerne einige Hinweise.
Der Unterhaltsanspruch eines Kindes erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Kosten einer angemessenen Ausbildung und endet nicht mit Volljährigkeit oder Erreichen eines bestimmten Lebensalters. Der elterlichen Verpflichtung steht aber auch die Verpflichtung des Kindes gegenüber, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig durchzuführen. Wer nachhaltig dagegen verstößt, büßt unter Umständen seinen Unterhaltsanspruch ein und muss seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst verdienen. Aus diesem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt auch die Verpflichtung des Kindes, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen; was dabei "angemessen" ist, richtet sich entscheidend nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist.
Wie dies in Ihrem konkreten Einzelfall zu bewerten ist, kann ich nicht beurteilen. Ich empfehle Ihnen, eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Bei der Beantragung von BAföG wird in der Regel von einer primären Unterhaltspflicht der Eltern ausgegangen, so dass eine BAföG-Leistung nur bei nachgewiesen geringem Elterneinkommen bewilligt wird. Es gibt jedoch für Auszubildende in Fällen, in denen Eltern davon ausgehen, ihre Unterhaltspflicht bereits erfüllt zu haben und deshalb keine oder keine hinreichende Unterstützung leisten, die Möglichkeit, einen Antrag auf eine sogenannte Vorausleistung nach § 36 BAföG zu stellen. Dann wird Ausbildungsförderung nach dem BAföG zunächst auch ohne Berücksichtigung des elterlichen Einkommens geleistet. Eine konkrete Beratung hierzu erhalten Sie beim zuständigen Amt für Ausbildungsförderung.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan