Frage an Annette Schavan von Angelika H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Prof.Dr. Schavan,
in den letzten Jahren wurde viel über Kindesmißbrauch berichtet, u.a. in der Odenwaldschule. Dort wurde der langjährige Direktor Gerold Becker, welcher als Reformpädagoge bekannt ist, als Haupttäter (nachweislich über 400 sexuelle Übergriffe an abhängigen Minderjährigen) entlarvt. Da der Mißbrauch leider über viele Jahre geheim gehalten wurde, sind diese verjährt. Becker verstarb 2010. Trotz dieser furchtbaren Taten wird er immer noch als Reformpädagoge "gehandelt", seine Bücher vertrieben. So ist er z.B. bei Wikipedia unter -Reformpädagogen- angegeben. Als Interessierte für alternative Schulmethoden muß ich mich da sehr wundern, zumal von Geschädigten behauptet wird, Beckers Ideen zur Reformpädagogik, u.a. körperliche Nähe von Lehrer und Schüler, Duzen der Lehrer, Einheit von Lehrer und Erzieher, seien nur ein Gerüst für pädophile Entartungen gewesen.
Meine Frage an Sie als Bildungsministerin: Kann man eine Persönlichkeit mit derartigen Verbrechen weiterhin als d i e s e Persönlichkeit (Reformpädagoge) bezeichnen oder sollte dieser Name ein-für-allemal in Beziehung zur Bildung verschwinden?
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner
Sehr geehrte Frau Hörner,
vielen Dank für Ihre Frage vom 15. September 2011.
Der Missbrauch an der Odenwaldschule ist durch nichts zu entschuldigen. Und richtig ist auch: diese Taten haben die Reformpädagogik diskreditiert. Gerold Becker als Reformpädagogen zu bezeichnen oder künftig nicht mehr, ist jedoch keine Frage der politischen Vorgabe. Dies ist zuerst eine Frage der pädagogischen Wissenschaft. Becker gehörte in diesem Sinne zweifellos einer Strömung an, die manche Verkrustung in der Pädagogik aufgebrochen und verändert hat.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan