Frage an Annette Schavan von Dieter S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Schavan,
in einem heise Artikel vom 10. 03. wird Ihre Staatssekretärin Frau Quennet-Thielen mit der Aussage wiedergegeben, dass das Ministerium die Auswahl seiner Projektträger "vollständig auf wettbewerbliche Vergabe umstellt".
Einer in diesem Forum auf eine Frage am 13. 1. von Ihnen geäußerten Anwort meine ich zu entnehmen zu können, dass Sie das bisherige vor 35 Jahren begonne Modell weniger, vom Ministerium und der Politik abhängiger öffentlicher "Managementorganisationen" für bewährt halten.
Ich zitiere:
"Als Projektträger erbringt das DLR Managementaufgaben .. als neutraler, das heißt nicht interessengebundener und wissenschaftsnaher Partner... Damit wird das Minsiterium entlastet und das DLR kann seine wissenschaftsspezifischen Managementfähigkeiten kostenneutral .. einsetzen."
Die Ausschreibung im Wettbewerb - damit auch europaweit an nichtöffentliche Firmen und Institutionen sowie Lobbygruppen- bringt für mich folgende Fragen auf:
1. Warum ist es im Ministerium in so kurzer Zeit zu einem Sinneswandel gekommen?
2. Wie wird sichergestellt, das nationale Fördergelder nicht zum Spielball internationaler Interessengruppen werden? Wie wird verhindert, daß Wissen und Datenschutz von tausenden Projekten nicht ins Ausland wandert?
3. Eine Ausschreibung bedeutet personellen Aufwand bei Ausschreiber und Bieter und wird bestimmt nicht "kostenneutral" und ohne "Gewinnaufschlag" zu haben sein. Damit müssen m. E. Forschungsmittel aus anderen Bereichen verwandt oder die bisherigen Förderprogramme eingeschränkt werden. Zu welchen Lasten geht dieses?
4. Es scheint ja wohl eine Ausschreibung in vielen Losen vorgesehen zu sein. Wie wird in Zukunft der fachübergreifende Austausch sichergestellt und einer Zersplitterung entgegengewirkt?
4. Ist das Ministerium bereit, personelle Verantwortung für die ggf. wegfallenden Stellen zu tragen?
Mit freundlichen Grüßen in freudiger Erwartung der Antworten
D. Scheuble
Sehr geehrter Herr Scheuble,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 28. Mai 2011. Gerne beantworte ich diese wie folgt:
Zu 1.
Mit der Neuregelung sorgt das Bundesministerium für Bildung und Forschung für eine zukunftsfeste und rechtssichere Beauftragungspraxis für Projektträger. Die derzeitige Praxis wird daher nunmehr vollständig den geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen des Vergaberechts angepasst und auf ein umfassendes wettbewerbliches Verfahren umgestellt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat bereits 2009 - als Reaktion auf die nunmehr gefestigte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Beauftragung durch die öffentliche Hand - Elemente von wettbewerblichen Verfahren für Beauftragungen in neuen Themengebieten eingeführt.
Zu 2.
Ein wettbewerbliches Vergabeverfahren ist auch offen für Anbieter aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Die Leistungsbeschreibung beziehungsweise die darin enthaltenen Zuschlagskriterien werden die Anforderungen definieren, die die Bieter zu erfüllen haben. Im Rahmen dieser strengen Anforderungen wird der sachgerechte Umgang mit den Fördergeldern sowie die vertrauliche Behandlung von Informationen sichergestellt.
Zu 3.
In dem neuen wettbewerblichen Verfahren sollen die Leistungen zu Marktpreisen angeboten werden. Dies verspricht Effektivität und Wirtschaftlichkeit. Eine Einschränkung bisheriger Förderprogramme ist nicht vorgesehen.
Zu 4.
Die Lose werden unter Berücksichtigung der Vorgaben des Vergaberechts nach den passenden Inhalten zugeschnitten. Der fachübergreifende Austausch wird durch die zuständigen Fachreferate sichergestellt.
Zu 5.
Die Entscheidung, die Beauftragung von Projektträgern im Wege wettbewerblicher Verfahren durchzuführen, hat in erster Linie Auswirkungen auf die Form der Aufgabenübertragung. Die bisherigen Projektträger haben sowohl fachlich wie auch administrativ ein erhebliches Fachwissen aufgebaut, so dass davon auszugehen ist, dass sie wettbewerbsfähige Bieter sein werden.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan