Frage an Annette Schavan von Irina H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Warum setzt man die einzelnen Kultusminister nicht stärker unter Druck, einheitliche Lehrpläne und Regelungen zur Aufnahme von behinderten Kindern zu schaffen, die für alle Schulen verbindlich sind? Damit man sich bei einem Umzug nicht immer neu informieren muss, in welche Schule ein Kind muss. Das wäre für unsere Kinder erheblich von Vorteil.
Zum Zweiten wird man mit einem behinderten Kind von Ämtern, Kindergarten und Schule oft als Eltern 2. Klasse behandelt.
Zum Dritten wusste man doch schon lange, dass wir Deutschen die Behindertenrechtskonvention der UN umsetzen müssen. Die Regelschulen sind aber nicht auf behinderte Kinder in dem Maße vorbereitet. Behindertengerechte Gebäude und Toiletten sind meist nicht vorhanden und Klassenräume oftmals nicht schalldicht, was für schwerhörige Kinder sehr wichtig wäre. Auch die hohe Schülerzahl an vielen Schulen erschwert die Inklusion behinderter Kinder. Und das, wo doch viele Lehreranwerter auf einen Platz warten. Diese Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen.
Gelder für Banken und Manager sind ja auch vorhanden.
Warum nicht für unser Kinder ?
Mit freundlichen Grüßen
Irina Haun
Sehr geehrte Frau Haun,
ich danke Ihnen für Ihre Frage vom 9. März 2011.
Ich kann Ihren Unmut gut verstehen. Die Kultusministerkonferenz hat bereits vor Jahren vereinbart, für alle Bundesländer gültige Bildungsstandards einzuführen. Die Umsetzung scheint immer noch nicht zu mehr Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern zu führen. Das aber ist die Voraussetzung für die Akzeptanz des Föderalismus. Wie Sie wissen, ist die Bundesregierung in die Schulpolitik nicht eingebunden. Ich habe in meiner Rede zur Bildungspolitik am 27. Januar 2011 im Bundestag erneut darauf hingewiesen - und an die Länder appelliert - die Erwartung der Bewertung von schulischen Leistungen und Schulabschlüssen ernst zu nehmen. Ansonsten wird der Föderalismus aus verständlichen Gründen im Bereich der Bildung schwerlich akzeptiert. Vielleicht sollten Sie Ihre Erfahrungen auch der Kultusministerkonferenz mitteilen.
Generell zu berücksichtigen ist, dass die Anstrengungen zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention vor allem in der Bildungspraxis zu unternehmen sind. Das BMBF konzipiert im Rahmen seiner Zuständigkeiten grundsätzlich alle Aktivitäten, Maßnahmen und Programme derart, dass damit eine Teilhabe aller an Bildung und lebenslangem Lernen verfolgt wird, die Intentionen des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt sind und in der Förderpraxis die Maßgaben der relevanten Gesetzgebung angewendet werden. Als Aktivitäten mit spezifischem Fokus auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen können folgende Einzelmaßnahmen genannt werden:
Förderung der Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung beim Deutschen Studentenwerk als Kompetenzzentrum für behinderte und chronisch kranke Studierende seit 27 Jahren mit derzeit rund 360.000 Euro p.a.
Seit 1996 die European Agency for Development in Special Needs Education mit einem bundesseitigen nationalen Beitrag von zur Zeit rund 78.000 Euro p.a
Berücksichtigung der relevanten verfügbaren Datenbestände für die nationale Bildungsberichterstattung.
Entsprechenede Ausweitung des Bildungspanels.
93 %ige BMBF-Förderung der für 2011 geplanten Spezialerhebung des Deutschen Studentenwerks mit 270.000 Euro.
Förderrichtlinien des Rahmenprogramms Empirische Bildungsforschung und Einzelprojekte beispielsweise in den Bereichen Ganztagsschulforschung und Medien in der Bildung.
Aktivitäten im Berich Übergang ins Berufssystem.
Fokus innerhalb der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte.
Teilnahme an den Aktivitäten der Deutschen UNESCO-Kommission (Expertenkreis Inklusive Bildung).
Im übrigen darf ich Sie auf die Länderempfehlung laut beigefügter Pressemitteilung vom 17. Februar 2011 sowie auf den Bericht der Kultusministerkonferenz vom 18. November 2010 aufmerksam machen, der auf der Homepage der Kultusministerkonferenz ( www.kmk.org ) zu finden ist.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan