Frage an Annette Schavan von Angelika H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Schavan,
Humanismus wird in unserem Bildungssystem ganz groß geschrieben.
Ich lebe in einem Dorf mit einem Asylantenheim. Dort werden Schafe geschächtet (vielleicht auch andere Tiere). Da das Schächten für mich eine nicht nachvollziehbare Tötung eines Tieres bedeutet, informierte ich mich. Auf der Internetseite http://islam.de/14874.php konnte ich nachlesen wie versucht wird, den Islam Nichtgläubigen zu erklären: "Eines der Zeichen, die wir aus diesen Versen lernen können, ist, dass Gott verbietet, Menschen zu opfern. Ein weiteres Zeichen ist, das Gott uns zeigt, dass er für uns Nutztiere erschaffen hat, deren Verzehr erlaubt ist und Abraham dabei die Aufgabe hat, uns die Art der Schächtung beizubringen: Das Opfertier wird mit verbundenen Augen und mit drei gefesselten Füßen hingelegt und gen Mekka ausgerichtet. Nach dem es beruhigt wurde, wird die Kehle (die Luft- und Speiseröhre) mit einem scharfen Messer, das keine Zacken haben darf, durchschnitten. Dann muss das Tier ausbluten, weil Blut im Islam als unrein gilt."
Entspricht das Töten ohne vorherige Betäubung unserem Grundgesetz und daraus ableitend unserem Tierschutzgesetz? Wie wird das Schächten in Bezug auf den Islam und der Debatte der Integration unseren Kindern in den Schulen beigebracht? Gehört der Verzicht des Schächtens zur Integration?
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner
Sehr geehrte Frau Hörner,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 15. Oktober 2010.
Grundsätzlich verbietet das Tierschutzgesetz in Deutschland das betäubungslose Töten von Tieren. Auch wurde der Tierschutz mit Artikel 20 a Grundgesetz vor einigen Jahren zum Staatsziel erhoben. In der letzten Legislaturperiode wurde auf Initiative des Landes Hessen ein Gesetzentwurf zum Verbot des Schächtens eingebracht. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch im Oktober 2009 nach mehrjährigem Streit beschlossen, das Schächten zu erlauben, weil unser Grundgesetz auch die freie Religionsausübung schützt.
Beide Grundrechtsziele müssen miteinander in Einklang gebracht werden, wie es die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat und auch die entsprechende Genehmigungspraxis der Bundesländer bestimmt.
Der Bundesrat konnte jedoch im Februar 2010 die Ausmaße des Schächtens einschränken. Seitdem darf die Erlaubnis zur betäubungslosen Tötung von Tieren nur erteilt werden, wenn vom Antragsteller dargelegt werden kann, dass ausschließlich religiöse Gründe dafür maßgeblich sind. Bei Verdacht auf Verstoß gegen die allgemeingültigen Rechtsbestimmungen (zum Beispiel Hygienebestimmungen oder illegale Tötung) besteht die Möglichkeit, die Kontrollbehörden zu informieren.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan