Frage an Annette Schavan von Sedat D. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Pr. Dr. Annette Schavan,
Als ich im Juni 2007 die Allgemeine Hochschulereife erlangte, musste ich mit Entsetzen feststellen, dass ich nicht BAfög berechtigt bin. Der Grund war ganz einfach, als nicht EU-Bürger musste einer der beiden Elternteile in den letzten sechs Jahren mindestens drei Jahre rechtmäßig beschäftigt gewesen sein.
Mein Vater ist seit 2000 verstorben, Meine Mutter lebt derzeit krankheitsbedingt von Hartz IV. Ich habe weder geerbt noch hatt meine Mutter irgendwelche Ansprüche gegenüber meinem Vater.
Trotzdem habe ich mich entschieden ein Studium in Angriff zu nehmen. Also ging ich einer Beschäftigung in einer Zeitarbeitsfirma nach. Somit wurde ich aus der Bedarfsgemeinschaft ausgeschloßen und habe für 300€ mehr eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt.
Im März 2008 hatte ich endlich das Geld für das erste Semester Studiengebühr zusammen und immatrikulierte in mein erstes Studium. Ich habe mich mit Kindergeld, Halbwaisenrente und einem 400€ Job über Wasser gehalten. Leider hatte ich etwas Pech und verletzte mir beide Hände was mich im Informatik Studium erheblich behinderte.
Währenddessen änderte sich das BAfög-Gesetz zu meinen Gunsten, mit meiner Niederlassungserlaubnis war ich nun auch BAfög berechtigt. Jedoch habe ich mich nicht mehr danach bemüht, weil ich wie gesagt mich knapp aber komplett selber finanzieren konnte, bei meiner Mutter lebte und einige Kosten geteilt werden konnten, somit habe ich auch gerne die Staatskasse geschont.
Im Januar 2010 exmatrikulierte ich mich selber, weil mir das Studium nicht zusagte. Jetzt im Oktober beginn ich mein 2. Studium und bin nicht mehr BAfög berechtigt (Fachrichtungswechsel im 4. Semester).
Wie soll ich meine Wohnung einrichten und mein Studium finanzieren ohne mich zu verschulden? (Küche, Bad, etc.).
Wieso gibt es keine Regelung wegen sozialer Härte?
Wieso bekomme ich kein BAfög mehr, obwohl ich es nie erhalten habe?
Was wollen Sie ändern?
Mit freundlichen Grüßen
S. Demir
Sehr geehrter Herr Demir,
vielen Dank für Ihre Frage vom 21. September 2010.
Mit Inkrafttreten des 22. BAföG-Änderungsgesetzes im Jahr 2008 hat sich die Rechtslage im BAföG positiv für Auszubildende mit Migrationshintergrund entwickelt. Ausländische Auszubildende, die bereits langfristig aufenthaltsberechtigt sind oder lange in Deutschland leben und eine dauerhafte Bleibeperspektive haben, werden auch ohne Anknüpfung an eine vorherige Mindesterwerbsdauer der Eltern nach dem BAföG gefördert.
Die Tatsache, dass Sie Ihr Informatikstudium abgebrochen haben, führt nicht automatisch dazu, dass die Förderung für eine zweite Ausbildung abgelehnt wird. Gemäß Paragraf sieben Absatz drei Satz eins BAföG wird Ausbildungsförderung für eine weitere Ausbildung gewährt, wenn der Auszubildende die erste Ausbildung aus einem wichtigen Grund beziehungsweise nach Beginn des vierten Semesters auf Grund eines unabweisbaren Grundes abgebrochen hat. Da Sie Ihr Informatikstudium im vierten Semester abgebrochen haben, wäre die Förderung eines weiteren Studiums nur dann möglich, wenn ein unabweisbarer Grund für den Abbruch vorlag, der vom zuständigen Amt für Ausbildungsförderung anerkannt wird.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan