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Frage von Günther S. •

Frage an Annette Schavan von Günther S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Die Diskussion um den angestrebten Renteneintritt mit 67 Jahren und älter hat inzwischen große Teile unserer Bevölkerung ergriffen und wird weiter zunehmend auch in öffentlichen Diskussionen ausgetragen werden. Es ist also höchste Zeit, dass alle Abgeordneten des Deutsche Bundestages öffentlich zu diesem Thema Stellung beziehen. Daher erhalten Sie hier über abgeordnetenwatch.de meine Frage. Da die Anhebung des Renteneinstiegsalters und die Modifizierung der "Schutzklausel" erst nach 2010 wirksam werden, besteht noch in diesem Jahr Handlungsbedarf durch Sie.
In den vielfältigsten Begründungen wird u.a. ausgeführt:
Durch das Zusammenwirken von Geburtenrückgang und ansteigender Lebenserwartung stehen immer weniger Erwerbstätige einer immer größer werdenden Zahl von Rentenempfängern gegenüber. Während die Menschen vor 40 Jahren durchschnittlich noch sieben Jahre Rente bezogen, liege die Bezugsdauer heute bei 17 Jahren.
Diese vorliegenden Aussagen sind höchst fragwürdig, weil der wissenschaftlich -technische Fortschritt nicht zum Fluch der betroffenen Menschen erklärt werden darf. Wenn heute ein Geburtenrückgang in Deutschland und Europa beklagt wird, so wird gleichzeitig die weltweite Bevölkerungszunahme bei dieser Betrachtungsweise ignoriert.
Auch eine mit dem Gesetz beschossene Initiative 50plus (BT-Drs. hat keinerlei nachweisbare Veränderungen bringen können. Junge Menschen, ob Schulabgänger oder Studenten haben große Probleme beim Berufseinstieg. Durch die immer stärkere Verdichtung der Arbeitsabläufe werden immer wieder Menschen aus den Arbeitsprozessen herausgedrängt. Seit mehr als 20 Jahren besonders in Deutschland über den Weg der Frühverrentung. Die dabei nachträglich eingeführten lebenslangen Rentenkürzungen durch Abschläge bis zu 18% waren bereits eine Dreistigkeit der Politik und hat zum großen Teil zu den heute beklagten Niedrigrenten geführt. Wollen Sie diesen unrühmlichen Weg durch die Anhebung des Renteneintrittsalters wirklich fortsetzen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Sorgalla,

vielen Dank für Ihre Frage vom 17. August 2010.

Zu unserem Verständnis von sozialer Gerechtigkeit gehört die Absicherung der großen Lebensrisiken. Wir wollen die solidarische gesetzliche Rentenversicherung als wichtigste Säule der Alterssicherung in Deutschland erhalten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der dritte Lebensabschnitt der Menschen immer länger wird. Die Lebenserwartung und damit die Rentenbezugsdauer steigen kontinuierlich an. Seit dem Jahr 1960 bis heute ist die durchschnittliche Rentenbezugsdauer um 70 Prozent angestiegen, von damals zehn Jahren auf heute 17 Jahre. Bis zum Jahr 2030 wird die Lebenserwartung um weitere knapp drei Jahre ansteigen. Ohne weitere Reformmaßnahmen würde der Rentenbeitrag langfristig die Grenze von 22 Prozent deutlich überschreiten. Das können wir den Beitragszahlerinnen und -zahlern nicht zumuten.

Um die demografischen Belastungen fair auf die Generationen zu verteilen, haben wir uns deshalb auf eine schrittweise Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze auf 67 Jahre verständigt. Diese Maßnahme wird von Experten seit Jahren gefordert. Auch die weit überwiegende Mehrheit der Sachverständigen hat die Rente mit 67 ausdrücklich begrüßt. Auf die Anhebung der Altersgrenze müssen sich die Menschen aber rechtzeitig einstellen können. Deshalb wurde die Maßnahme bereits im Jahr 2007 beschlossen. Die Anhebung wird in kleinen Schritten ab dem Jahr 2012 beginnen. Sie soll im Jahr 2029 abgeschlossen sein. In vollem Umfang werden die Versicherten ab dem Jahrgang 1964 von der Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre betroffen sein.

Für Versicherte, die mindestens 45 Pflichtbeitragsjahre aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflege erreicht haben, wird sich nichts ändern. Diese Menschen werden weiter bereits mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Bei der Altersrente für langjährig Versicherte bleibt es bei der Altersgrenze von 63 Jahren, allerdings mit höheren Rentenabschlägen. Damit kommen wir ausdrücklich dem Wunsch der Tarifpartner nach mehr Flexibilität nach. Für Versicherte, die aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum regulären Rentenalter arbeiten können, gibt es die Erwerbsminderungsrenten. Bei diesen Renten wird sich für die meisten Versicherten im Vergleich zur aktuellen Regelung im Ergebnis nichts ändern.

Das Vorhaben muss mit besonderen Anstrengungen für mehr Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer Hand in Hand gehen. Menschen ab dem 50. Lebensjahr müssen ausreichend Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Deshalb müssen sowohl Anreize zur Frühverrentung beseitigt als auch Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und zur Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser ergriffen werden. Diesem Ziel dient als erster Schritt das Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen parallel zur Umsetzung der Rente mit 67 Jahren.

Es besteht kein Anlass, an der geltenden Gesetzeslage zu rütteln. Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass schon für dieses Jahr Tausende Lehrstellen frei sind, Facharbeitermangel in vielen Bereichen droht und der Mangel an Pflegekräften bereits offensichtlich ist. Daraus folgt, dass sich auch die Beschäftigungschancen Älterer stark verbessern werden, weil sie in den Betrieben zunehmend gebraucht werden. Schon jetzt ist die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen trotz der Krise von 39 Prozent im Jahr 1999 auf über 55 Prozent im Jahr 2009 gestiegen. Die Bundesregierung wird hierzu im Herbst einen ausführlichen Bericht vorlegen.

Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.

Ihre Annette Schavan