Frage an Annette Schavan von udo s. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Schavan,
mich würde gerne interessieren, warum die Bundesregierung die Biomedizin-Konvention, bei welcher es unter anderem in Artikel 16 um den Schutz von Versuchspersonen bei Forschungsprojekten geht, (immer noch) nicht unterschrieben und ratifiziert hat? In Artikel 27 dieser Konvention steht ausdrücklich, dass man trotz Unterzeichnung und Ratifikation einen weiterreichenden Schutz gewährleisten kann und daher kann ich keinen Grund für eine Nichtunterzeichnung sehen.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Schumann
Sehr geehrter Herr Schumann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 19. April 2010.
Die Biomedizinkonvention legt unverzichtbare Standards zur Wahrung der Menschenrechte in der Biomedizin fest, die in Deutschland uneingeschränkt anerkannt sind und nicht unterschritten werden. Das Übereinkommen ist in Deutschland ein wichtiger Orientierungsmaßstab auch für die nationale Gesetzgebung.
Dennoch stehen in Deutschland verschiedene Regelungen des Übereinkommens in der Diskussion. Zwar bleibt gemäß Artikel 27 der Konvention ein höheres Schutzniveau der Vertragsstaaten unangetastet. Dennoch herrschte in der bisherigen Diskussion um die Zeichnung die Befürchtung vor, dies führe zu einem Dammbruch beim Menschenwürdeschutz in der Biomedizin. Dies betrifft insbesondere die Aussagen der Konvention zur Forschung an nicht einwilligungsfähigen Personen. Das deutsche Medizin- und Betreuungsrecht gewährleistet hier einen höheren Schutz als die Konvention.
Bis auf eine enge Ausnahme bei der Arzneimittelforschung mit Minderjährigen, die zudem nur gruppennützige Forschung erlaubt, ist nach deutschem Recht die fremdnützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Personen unzulässig. Nach der Biomedizinkonvention ist diese unter bestimmten Voraussetzungen hingegen zulässig. Vor diesem Hintergrund ist der Meinungsbildungsprozess zu dem Übereinkommen insgesamt und zu einer möglichen Zeichnung in Deutschland noch nicht abgeschlossen. Ein Beschluss des Deutschen Bundestages zur Frage des Beitritts Deutschlands fehlt bislang.
Ich kann Ihnen versichern, dass Deutschland auch künftig einen aktiven Beitrag dazu leisten wird, dass sich das Übereinkommen weiter entwickelt, damit auf aktuelle Entwicklungen der modernen Biomedizin angemessene Antworten gegeben werden können.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan