Frage an Annette Schavan von Thorsten D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Ministerin,
mit Ihrer Zustimmung am Freitag für die Aufstockung der Truppen für Afghanistan und der Durchführung von "Partnering" wird die Bundeswehr in Afghanistan den offiziellen Angriffskrieg beginnen.
Können Sie so einen Krieg mit Ihrem Gewissen vereinbaren? Hatten wir nicht schon genug Krieg?
MfG
Thorsten Dickhuth und Familie
Sehr geehrter Herr Dickhuth,
vielen Dank für Ihre Frage vom 22. Februar 2010.
Sie sprechen im Zusammenhang mit dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan von einem Krieg. Dies wird nach meiner Auffassung weder der Zielrichtung dieser Mission noch der Einsatzrealität gerecht. In Übereinstimmung mit ihrem Bundestagsmandat ist es die Aufgabe der Bundeswehr, die afghanischen Behörden bei der Etablierung einer soliden Staatlichkeit zu unterstützen. Neben einer funktionstüchtigen Verwaltung und einer zuverlässigen wirtschaftlichen Infrastruktur braucht es hierfür in erster Linie ein grundlegendes staatliches Gewaltmonopol auf der Basis von Recht und Gesetz. Diese Staatlichkeit war in vielen Regionen Afghanistans lange Zeit kaum vorhanden, sie ist aber die Voraussetzung für eine positive Entwicklung des Landes. Nur unter dem schützenden Schirm staatlicher Sicherheitsbehörden kann sich der zivile Aufbau des Landes vollziehen.
Kriminelle und fanatische Gruppen haben in der Vergangenheit von der schwachen Staatlichkeit Afghanistans profitiert. In den rechtsfreien Räumen konnten sie ungestört ihren Geschäften nachgehen. Terroristen haben hier ihre Ausbildungs- und Rückzugsräume. Es sind diese Gruppen, von denen die Bundeswehr in Afghanistan angegriffen wird, weil ein stärker werdender afghanischer Staat ihnen die Existenzgrundlage entzieht. Jeder Tag, an dem wir die Streitkräfte und die Polizei Afghanistans bei ihrer Ausbildung unterstützen und ihnen helfen, die Kontrolle über ihr Land zurückzugewinnen, verkleinert den Handlungsspielraum für Taliban, Al-Qaida und Drogenbarone.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan