Frage an Annette Schavan von Winfried S. bezüglich Energie
Sehr geehrte Frau Dr. Schavan!
Ich mache mir Sorgen, dass die Elektrizitätsversorgung in Deutschland zu einem günstigen Strompreis mit CO²-armer Produktion nicht gesichert ist. Welche Möglichkeiten sehen Sie, Co2 arm Strom zu produzieren zu einem tragbaren Preis?
Kann ich als Privatverbraucher meinen Strom auch in FRankreich einkaufen? Dort kostet die Kilowattstunde nämlich nur ca. 7 Cts.
MfG
W.Stützle
Sehr geehrter Herr Stützle,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 23. September 2009 zur Energiepolitik der Union.
Eine wirtschaftliche, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung ist Grundlage für die Funktionsfähigkeit unserer hochindustrialisierten Volkswirtschaft. Deutschland und Europa brauchen deshalb einen breiten Energiemix, der nicht einseitig auf einen Energieträger setzt.
Erneuerbare Energien bieten große Chancen im Hinblick auf umweltverträgliches und klimaschonendes Wachstum, innovative Geschäftsfelder, neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung im ländlichen Raum. Wir haben uns ehrgeizige Ziele im Bereich des Ausbaus erneuerbarer Energien gesetzt. Bis zum Jahr 2020 will die CDU in Deutschland einen Anteil am Gesamtenergieverbrauch von mindestens 20 Prozent und bei der Stromerzeugung von mindestens 30 Prozent erreichen. Unser langfristiges Ziel ist, dass die erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050 den Hauptanteil an der Energiebereitstellung in Deutschland tragen.
Die Kohle hat im Jahr 2008 mit zusammen 42 Prozent erneut den größten Beitrag zur Stromerzeugung in Deutschland geleistet. Die subventionsfreie Braunkohle erzeugt zusammen mit der Kernenergie über 90 Prozent der so genannten Grundlast und bildet damit das preis- und versorgungssichere Fundament der Stromversorgung in Deutschland. Wer pauschal aus der Kohle aussteigen will, muss die Frage beantworten, wie fast die Hälfte der Stromproduktion ersetzt werden soll. Da Kohle- und Atomausstieg immer gemeinsam gefordert werden, wären zwei Drittel der deutschen Stromerzeugung zu ersetzen. Selbst wenn es gelänge, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2020 wie geplant auf mindestens 30 Prozent zu verdoppeln, müssten immer noch 70 Prozent der Energie auf andere Weise erzeugt werden. Gaskraftwerke allein können dies nicht leisten.
Hinzu kommt die hohe Volatilität der erneuerbaren Energien. Diese machen die Reserveleistung konventioneller Kraftwerke umso dringlicher. Die Deutsche Energieagentur warnt, dass es ohne den Neubau von Kohlekraftwerken in Deutschland bis zum Jahr 2020 massive Kapazitätsengpässe geben würde, die mit Stromimporten, darunter auch Atomstrom, ausgeglichen werden müssten. Dies würde massive Preissteigerungen zur Folge haben. An der Stromerzeugung mit Kohle führt deshalb zumindest für die nächste Kraftwerksgeneration kein Weg vorbei. Die CDU will daher die Rahmenbedingungen für eine möglichst schnelle Modernisierung des konventionellen Kraftwerksparks verbessern. Die Technologie zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid kann einen wichtigen Beitrag zur klimafreundlichen Nutzung fossiler Energieträger leisten.
Die Kernenergie ist ein vorerst unverzichtbarer Teil in einem ausgewogenen Energiemix. Wir verstehen den Beitrag der Kernenergie zur Stromversorgung als Brückentechnologie, weil heute klimafreundliche und kostengünstige Alternativen noch nicht in ausreichendem Maße verfügbar sind. Daher streben wir eine Laufzeitverlängerung der sicheren deutschen Anlagen an. Einen Neubau von Kernkraftwerken lehnen wir ab. Der größte Teil des zusätzlich generierten Gewinns aus der Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke soll nach einer verbindlichen Vereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen zur Forschung im Bereich der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien sowie zur Senkung der Strompreise genutzt werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Bundesregierung die Erforschung alternativer Energieformen mit Nachdruck fördert, damit wir unabhängiger von fossilen Energieträgern wie Erdöl, deren Vorkommen endlich sind, aber auch von der Kernenergie werden. Die sichere und wirtschaftliche Energieversorgung ist eine der Grundvoraussetzungen einer Industriegesellschaft. Wir brauchen eine nachhaltige Energieversorgung, die den Kriterien Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit sowie Klima- und Umweltverträglichkeit Rechnung trägt. Das wird auf absehbare Zeit aber nur mit einem Energiemix möglich sein. Die Forschung muss daher breit angelegt sein. Auf den erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz liegt dabei das Hauptaugenmerk.
Waren die Verbraucher in der Vergangenheit an einen Stromanbieter gebunden, so ist ein Wechsel heute schnell und problemlos möglich. Allein im vergangenen Jahr haben doppelt so viele Menschen in Deutschland den Anbieter gewechselt wie in den ersten fünf Jahren nach der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 1998 insgesamt. Haushalte können in Deutschland durchschnittlich aus 57 Anbietern beim Strom und neun Anbietern beim Gas wählen und damit ihre Stromkosten im besten Fall um rund 400 Euro und ihre Gasbezugskosten um etwa 300 Euro pro Jahr senken. Die Anbieter legen selbst fest, wo sie ihren Strom anbieten. In Deutschland bietet noch kein französisches Unternehmen seinen Strom an. Allerdings halten französische Anbieter Anteile an deutschen Versorgern. So gibt es in Ehingen etwa 70 unterschiedliche Anbieter, die ihren Strom zu sehr unterschiedlichen Preisen anbieten.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan