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Annette Schavan
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Frage von Konrad H. •

Frage an Annette Schavan von Konrad H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Schavan,
Unterstützen Sie die Aktivitäten der Stiftung "Nana Control" gegen die gesundheitsschädliche Verbreitung von toxischen "Tonerstäuben" durch Laserdrucker? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
Warum unterstützen Sie und Ihre Partei nicht die Initiative "Volksabstimmung?"
Die CDU grenzt dadurch eine erhebliche Anzahl von ehemaligen Stammwählern aus!!!
Gruß
Konrad Huber

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Huber,

vielen Dank für Ihre Frage vom 19. September 2009.

Wie Sie sicherlich wissen, befassen sich die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag intensiv mit der Thematik der vermeintlichen Tonerstäube. Es gab dazu bereits eine parlamentarische Expertenanhörung, und die Bundesregierung hat der Bundesanstalt für Risikobewertung einen entsprechenden Forschungsauftrag erteilt. Diese Untersuchung hat im bisherigen Verlauf ergeben, dass es sich bei den in der Umgebung von Druckern auftretenden Emissionen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht um Tonerpartikel, sondern um andere Stäube handelt. Es wird daher nun an der Entwicklung von Untersuchungsmethoden gearbeitet, die valide Ergebnisse liefern. Dies ist jedoch mit großem Aufwand verbunden. Unser Ziel ist es, möglichst schnell Anforderungen für Laserdrucker zu entwickeln, die Gesundheitsgefährdungen ausschließen.

Hinsichtlich Ihrer Frage nach der Einführung von Volksabstimmungen möchte ich zunächst klarstellen, dass es entsprechende Instrumente auf den Ebenen von Ländern und Kommunen vielfach bereits gibt. Mit Blick auf die Bundesebene halte ich es für einen Irrtum zu glauben, dass plebiszitäre Elemente den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern mehr Einfluss verschaffen. Tatsächlich würde nämlich die Bedeutung von Verbänden und Interessengruppen, die große Kampagnen organisieren können, wachsen. Engagierte Minderheiten erhielten großen Einfluss auf die Staatsgeschicke - ohne dafür dauerhaft in der Verantwortung zu stehen. Der Minderheitenschutz wäre zudem gefährdet, weil die abstimmenden Bürger nicht dem Gemeinwohl verpflichtet sind.

Ein Plebiszit bedeutet, auch hoch komplizierte Sachverhalte auf ein Ja oder Nein reduzieren zu müssen. Demgegenüber ist die Entscheidungsfindung im politisch-parlamentarischen Prozess auf einen möglichst gerechten Interessenausgleich sowie auf die Suche nach richtigen Kompromissen ausgerichtet. Plebiszite kennen keine Ausschussberatungen, Sachverständigenanhörungen und keine Beteiligung der Länder beziehungsweise der Europäischen Union. Im Grundgesetz wurde deswegen nach den Erfahrungen aus der Weimarer Republik eine strikt repräsentative Demokratie verankert.

Die Komplexität der Gesetzgebungsverfahren und ihre Vernetzung mit anderen Regelungsbereichen lassen in einer modernen pluralistischen Demokratie eine Ja-Nein-Alternative nicht zu. Gefordert ist ein Entscheidungs- und Gesetzgebungsverfahren, das auf ein hohes Maß von Kompromisssuche und -findung angelegt ist. Dafür ist das parlamentarische Verfahren mit seinen drei Lesungen und den Ausschussberatungen am besten geeignet. Plebiszite zögen auch unweigerlich die Schwächung föderaler Strukturen nach sich. Dem Bundesrat, der nicht lediglich eine Summe der Länder, sondern eine selbstständige Einheit innerhalb unseres Staats ist, wäre die Möglichkeit der Mitgestaltung genommen. Damit ginge die ausgewogene Balance durch das Miteinander von Bundestag und Bundesrat verloren.

Demagogie und Populismus wären bei Plebisziten Tür und Tor geöffnet. Die Emotionalisierung mancher Themen würde bewirken, dass sachfremde Erwägungen in die Entscheidungsprozesse einflössen. Es ginge nicht mehr um die Gesetzgebungsvorhaben an sich, sondern darum, die Regierung oder die Opposition allgemeinpolitisch abzustrafen. Plebiszite sind sehr stark momentanen Stimmungen unterworfen. Würde heute ein Kinderschänder einen grausamen Mord begehen, würde die Zustimmung zur Einführung der Todesstrafe sprunghaft ansteigen, kurzfristig aber wieder abnehmen, weil der unmittelbare emotionale Eindruck des Ereignisses verflogen wäre.

Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.

Ihre Annette Schavan