Frage an Annette Schavan von Jürgen H. bezüglich Verbraucherschutz
1. Trifft es zu, dass das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) ausschließlich für die Bürger und Versicherten des Beitrittsgebietes geschaffen wurde, um deren Rentenbelange nach der Wiedervereinigung zu regeln?
2. Waren Ihrer Meinung nach die Deutschen, die vor dem Mauerfall und Wiedervereinigung die DDR verlassen haben und rechtsstaatlich in die alten Bundesländer eingegliedert wurden, zum Zeitpunkt des Beitritts der DDR als DDR-Bürger anzusehen?
3. Die ehemaligen DDR-Flüchtlinge wurden im Zug ihrer Eingliederungsverfahren nach geltendem Recht (Fremdrentenrecht) in die bundesdeutschen Sozialversicherungen übernommen. Die Rentenversicherungsträger haben den Versicherten darüber entsprechende Bescheide erteilt. Können Sie ein Gesetz nennen, das nach erfolgtem Beitritt der DDR die Löschung dieser Rentenanwartschaften und eine Neubewertung nach dem RÜG zulässt bzw. sogar verlangt? Können Sie ein Gesetz nennen, das die Versicherungsträger aus der Pflicht entlässt, die betroffenen Versicherten darüber zeitnah zu informieren, also auf die Versendung entsprechender Aufhebungsbescheide zu verzichten?
4. Der Bundestag ist lt. Grundgesetz der Gesetzgeber. Die Gesetzesvorlagen werden in der Regel von Fachleuten aus den einschlägigen Ministerien erstellt. Gesetzeskraft erhalten diese nach der Verabschiedung durch den Bundestag.
Halten Sie es für vertretbar, dass die Exekutive nach der Verabschiedung eines Gesetzes dieses Gesetz eigenmächtig auf eine weitere Zielgruppe anwendet, die bei der Debattierung und Verabschiedung des Gesetzes ausdrücklich ausgeschlossen wurde?
Sehr geehrter Herr Holdefleiß,
vielen Dank für Ihre Frage vom 1. September 2009.
Es trifft zu, dass das Rentenüberleitungsgesetz nur Bürgerinnen und Bürger des Beitrittsgebietes betrifft. Der Einigungsvertrag enthält keine detaillierten Regelungen zur Überleitung von Rentenansprüchen, die im Bereich der ehemaligen DDR erworben wurden, sondern behält die Einzelheiten der Überleitung einer gesonderten bundesgesetzlichen Regelung vor, bis zu der das Rentenrecht der DDR – mit bestimmten, in den Übergangsvorschriften des Einigungsvertrag festgelegten Modifizierungen – weitergalt. Die mit dem Rentenüberleitungsgesetz vom 25. Juni 1991 erfolgte Neuregelung ist am 1. Januar 1992 in Kraft getreten.
Auf die Frage, ob Menschen, die vor der Wiedervereinigung aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland gelangt sind, zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung als DDR-Bürgerinnen und -bürger anzusehen waren, kann es in diesem Zusammenhang nicht ankommen, da die rentenrechtlichen Regelungen nicht an eine wie auch immer geartete DDR-Bürgerschaft, sondern an den tatsächlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet zu einem bestimmten Zeitpunkt beziehungsweise die Erfüllung bestimmter rentenrechtlicher Voraussetzungen, anknüpfen.
Die Löschung der DDR-Rentenanwartschaften und eine Neubewertung nach dem Rentenüberleitungsgesetz sind im Paragraf 259a des Sozialgesetzbuches VI geregelt. Der Paragraf 149 Absatz 5 des Sozialgesetzbuches VI regelt die Informationspflicht der Versicherer.
Die Exekutive wendet die vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetze nach bestem Wissen und Gewissen an. Zweifelsfragen lassen sich im Wege einer Petition oder einer Gerichtsentscheidung klären.
Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan