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Annette Schavan
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Frage von Marlene W. •

Frage an Annette Schavan von Marlene W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Schavan!!
Mit welchen konkreten Maßnahmen würden sie dafür Sorge tragen, dass die Kosten der Bankenrettung von den Verursachern (Banken, Investmentbanken, Zweckgesellschaften, Ratingagenturen etc.)erstattet und nicht der Allgemeinheit aufgelastet werden? Welche Gesetze/Verträge sind vorgesehen, dass die Unterstützungen zurückgezahlt werden; wie werden die reichen Kapitalbesitzer beteiligt, die vorher ja hohe Renditen eingesteckt haben. Oder planen sie eher eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder Kürzung der Ausgaben im Sozialbereich?
Worin liegen nach ihrer Meinung die Ursachen des Crashs.
Welche Maßnahmen haben sie ergriffen oder sich dafür eingesetzt - nach den akuten Notfallrettungen - um eine ähnliche Krise in der (nächsten) Zukunft zu vermeiden.
Freundliche Grüße
Marlene Werfl

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Werfl,

vielen Dank für Ihre Frage vom 26. August 2009.

Lassen Sie mich vorwegschicken, dass kein seriöser Wirtschaftler, Wissenschaftler oder Politiker in der Lage ist, alle Fragen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung exakt zu beantworten. Letztlich geht es um Entscheidungen von rund 200 Staaten, Millionen von Unternehmen und Milliarden von privaten Haushalten und Menschen. Unsere politischen Ansätze möchte ich Ihnen aber gern erklären.

Banken und Sparkassen sind die monetären Adern unserer Volkswirtschaft. Da die Finanzinstitute in Deutschland - insbesondere durch gegenseitige Kreditvergabe - sehr eng miteinander verbunden sind, besteht die Gefahr, dass bei Insolvenz eines so genannten systemrelevanten Instituts der gesamte Finanzbereich in eine Schieflage gerät. Damit wären die Ersparnisse und die Altersvorsorgemaßnahmen breiter Bevölkerungskreise ebenso gefährdet wie die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten. Die Insolvenz der amerikanischen Bank Lehman Brothers hat einen kleinen Eindruck von den Folgen einer Bankpleite vermittelt. Danach nahm die internationale Finanzkrise eine dramatische Entwicklung. Fast alle Fachleute sind sich inzwischen darüber im Klaren, dass es ein großer Fehler der amerikanischen Administration war, Lehmann Brothers nicht aufzufangen. Die Bundesregierung sichert also systemrelevante Finanzinstitute ab, um die Ersparnisse und die Altersvorsorge der Bevölkerung zu erhalten und die weitere Kreditgewährung an die Wirtschaft zu ermöglichen. Durch das Finanzmarktstabilitätsgesetz hat der Gesetzgeber drei Instrumente geschaffen, um Finanzinstitute zu sichern:

Das erste wesentliche Instrument des Sonderfonds zur Finanzmarktstabilisierung sind Garantien in einer Gesamtsumme von 400 Milliarden Euro. Finanzinstitute können staatliche Bürgschaften gegen eine Provision von etwa einem Prozent erhalten. Fast ein halbes Dutzend Kreditinstitute hat inzwischen mehr als 100 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Direkte Auswirkungen auf den Haushalt werden derzeit nicht erwartet, weil im Rahmen dieses Instruments den Banken keine Finanzmittel, sondern lediglich Garantien zur Verfügung gestellt werden.

Als zweite Möglichkeit können Kreditinstitute Eigenkapitalhilfen aus einem 80-Milliarden-Euro-Fonds erhalten - entweder in offener Form durch die Übernahme von Aktien, durch stille Beteiligungen oder durch Übernahme sonstiger Bestandteile der Eigenmittel. Dieses Instrument hat bisher lediglich ein Kreditinstitut in Anspruch genommen, nämlich die Commerzbank/Dresdner Bank mit insgesamt 18 Milliarden Euro. Etwa 1,45 Milliarden Euro dienten zur Übernahme von 25,1 Prozent der Aktien der Commerzbank AG, und die restlichen 16,4 Milliarden Euro wurden der Commerzbank/Dresdner Bank als stille Beteiligung zur Verfügung gestellt.

Drittens sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass aus den Mitteln des 80-Milliarden-Euro-Fonds auch so genannte schlechte Papiere von Finanzinstituten angekauft werden können. Von dieser Möglichkeit hat bisher kein Finanzinstitut Gebrauch gemacht.

Patentrezepte zur Verhinderung künftiger Finanzkrisen gibt es natürlich nicht. Gleichzeitig haben nationale Maßnahmen in einer globalisierten Welt nur eine sehr begrenzte Wirkung und können dazu führen, dass sich eine Volkswirtschaft isoliert und wichtige Arbeitsplätze verloren gehen. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung umfangreiche internationale Initiativen ergriffen. Letztlich geht es um mehr Transparenz und mehr Reglementierung im Finanzbereich.

Im Mittelpunkt der Überlegungen und Initiativen stehen folgende Maßnahmen: Zur Verbesserung der nationalen und internationalen Finanzaufsichten macht die Union sich dafür stark, die gesamte Bankenaufsicht bei der Deutschen Bundesbank zu konzentrieren und schrittweise eine europäische Aufsicht für europaweit tätige Institute bei der Europäischen Zentralbank zu schaffen. Hedgefonds und Ratingagenturen müssen ebenso mehr Transparenz und Reglementierung erhalten. So genannte Steueroasen sollen auch ein Mindestmaß an Transparenz und Reglementierung ermöglichen. Alle Risikogeschäfte eines Finanzinstitutes müssen aus der Kernbilanz sichtbar und mit entsprechendem Eigenkapital unterlegt werden. Bei der Verbriefung von Krediten muss der Verkäufer mit einem bestimmten Anteil im Obligo bleiben.

Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.

Ihre Annette Schavan