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Annette Groth
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Frage von Miriam P. •

Frage an Annette Groth von Miriam P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Liebe Frau Groth,

meine Frage bezieht sich auf die Situation der aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland kommenden Roma. Viele von ihnen müssen unter sehr schlimmen Bedingungen leben. Was wird ihre Partei unternehmen, um den Menschen zu helfen?

Mit freundlichen Grüßen

Miriam Peters

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Peters,

vielen Dank für Ihre Frage.

in nahezu allen Ländern der Europäischen Union ist eine deutliche Verschlechterung der Menschenrechtslage der Roma festzustellen. Deutschland bildet hier leider keine Ausnahme. Zahlreiche europäische Regierungen praktizieren eine Politik, die von Zwangsräumungen von Roma-Lagern bis zu Zwangsausweisungen und Gruppendeportationen reicht. Diffamierungen gegen Angehörige der Minderheit der Roma innerhalb Europas sind an der Tagesordnung. Darüber hinaus ist ein enormer Anstieg von Straftaten gegen Angehörige der Minderheit, besonders inosteuropäischen Ländern, zu verzeichnen. In den letzten drei Jahren wurden alleine in Ungarn elf Roma ermordet, wobei es sich eindeutig um rassistisch motivierte Taten handelte.

Ein gravierendes Beispiel für Menschenrechtsverletzungen gegen Mitglieder der Roma-Gemeinschaften sind die systematischen Abschiebungen der französischen Regierungen von Roma. Alleine im Jahr 2009 wurden fast 10.000 Roma nach Rumänien und Bulgarien ausgewiesen. 2010 wurden durch die französische Regierung mehr als 8000 Roma abgeschoben. Diese Massenabschiebungen von Roma durch die französische Regierung ist mit europäischen Recht nicht zu vereinbaren.

Aber auch die von Deutschland vollzogenen Abschiebungen von Roma in den Kosovo sind stellen nach meiner Überzeugung eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung dar. Mindestens 10.000 Personen aus den Kreisen der Roma, Ashkali und Ägypter sind akut von der Abschiebung bedroht. Im Kosovo gibt es keine ausreichenden Aufnahme- und Integrationskapazitäten für die Abgeschobenen. Bei einem großen Teil, der von den Zwangsrückführungen betroffenen Personen, handelt es sich um Kinder und Jugendliche, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind.

In Deutschland findet derzeit eine zunehmend intensive Debatte über den Zuzug von Bürgerinnen und Bürgern aus Rumänien und Bulgarien statt, die aus den dortigen Roma-Gemeinschaften stammen.

*Beispiel Berlin:*Der Berliner Tagesspiegel weist in einem Artikel darauf hin, dass es 2012 nach Berlin„knapp 25000 Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien gab. Die Dunkelziffer liegt vermutlich viel höher.“ Weiter in dem Artikel: „Das Bezirksamt Neukölln geht davon aus, dass ein „großer Anteil der Rumänen und Bulgaren im Bezirk der Minderheit der Roma zugerechnet werden kann“, heißt es im „3. Roma-Statusbericht“ , den das Bezirksamt Neukölln am Freitag veröffentlichte.“ Aufgrund der sehr angespannten Personalsituation an den Schulen, können die Kinder häufig nicht angemessen betreut werden. Dies ist jedoch kein Problem des Zuzugs von Bürgerinnen und Bürger aus den Ländern der EU, sondern ein Problem einer verfehlten Personalpolitik an den Berliner Schulen.

*Beispiel Duisburg-Hochfeld:*Hier leben Menschen aus 100 Nationen, davon 1700 Bulgaren, die zum größten Teil Roma sind. In den regionalen Medien werden die Roma vor allem als Problem dargestellt. Mit Überschriften wie "Ein Stadtteil bekämpft den Absturz“ oder "Stadt Duisburg scheint Roma-Problem in Hochfeld nicht in den Griff zu bekommen“ werden soziale Probleme einseitig auf die Bevölkerungsgruppe der Roma übertragen. Dabei wird in den Artikeln von Schwarzarbeit, Prostitution, Kriminalität und unwürdigen Wohnverhältnissen berichtet, jedoch die Ursachen für diese Phänomene nicht benannt. Vielmehr werden die Roma mit diesen Verhältnissen als Verursacher in Verbindung gebracht.

Die Roma leben häufig unter schwierigen Bedingungen. Wohnungen sind verschimmelt, die Heizung funktioniert nicht oder es gibt kein Bad. Trotzdem werden diese Wohnungen für völlig überteuerte Mieten an Roma vermietet, die diese Wohnungen annehmen müssen, da sie keine anderen Wohnungen bekommen. Hier muss die Politik endlich handeln. Die Fraktion DIE LINKE erwartet, dass eine nationale Roma-Strategie erarbeitet wird, die konkrete Wege zur Beseitigung der Diskriminierungen aufzeigt.

Die Fraktion DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die Diskriminierung und Benachteiligung von Roma aktiv bekämpft werden muss. In verschiedenen Anträgen und Reden haben wir uns dafür eingesetzt, dass

* die Bundesländern die Abschiebung von Roma-Minderheitenangehörigen
(inkl. Ashkali und Ägypter) aus dem Kosovo sofort beendet werden müssen;
* die Bundesländern den in Deutschland lebenden Roma aus dem Kosovo
eine Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen gewähren sollen
und dauerhafte Bleiberechtsregelung durchgesetzt wird;
* sich die Bundesländer für einen gleichberechtigten Zugang der Roma
zu allen Formen schulischer und universitärer Bildung einsetzen
müssen, wobei besonders Programme für Mädchen und Frauen gefördert
werden sollten;
* die Bundesregierung sich in der EU für das Recht der Roma auf
Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union einsetzen muss.

Die Fraktion DIE LINKE hat durch ihre Veröffentlichungen und Aktivitäten immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass es kein „Roma-Problem“ gibt. Vielmehr gibt es ein Armutsproblem und Ausgrenzungsproblem für die größte Minderheit in der EU. Hier fordert DIE LINKE endlich politisch etwas dagegen zu unternehmen.

Als zuständige Berichterstatterin im Europarat habe ich mich aktiv für
eine Resolution eingesetzt, in der die Diskriminierung von Roma in den europäischen Ländern verurteilt wird und die nationalen Regierungen aufgefordert wurden, eine aktive Politik gegen diese Ausgrenzung zu betreiben.

In Deutschland sehe ich meine Aufgabe als menschenrechtspolitische Sprecherin darin, die Verletzung der Menschenrechte von Angehörigen der Roma-Gemeinschaften immer wieder anzusprechen und mich für konkrete Veränderungen in der alltäglichen Politik für und mit Roma einzusetzen.

Intensiv führe ich Gespräche mit den Vertreterinnen und Vertretern der Roma-Gemeinschaften und unterstütze Forderungen und Anträge. Ich hoffe, dass es uns in den nächsten Jahren gelingen wird, die Forderungen in einem breiteren gesellschaftlichen Konsens auch durchzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Groth