Frage an Annette Groth von Stefan M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Groth,
Natur- und Umweltschutzverbände warnen davor, immer größere Teile der Ackerflächen für die Produktion von Rohstoffen für die Biogas-Produktion einzusetzen. Unterstützen Sie hier die Forderung von Verbänden wie BUND, NABU und Naturfreunden, die Vermaisung ganzer Regionen durch eine Einschränkung der Erzeugung von Energie aus Biogasanlagen zu verhindern?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Herzlichst Ihr
Stefan Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage.
Seit vielen Jahren engagiere ich mich für eine konsequente Energiewende, weg von der Atom- und Kohlestromerzeugung. Die Herstellung von Treibstoffen oder von Strom aus Biomasse kann jedoch nicht als zentrale Grundlage für eine Energiewende dienen, da in Abwägung der Vor- und Nachteile, die Nachteile bei einem industriell organisierten Anbau von Energiepflanzen deutlich überwiegen. Vielmehr muss die Energiewende durch einen Mix aus Energieeinsparung, Förderung dezentralen Solar- und Windkraftwerken und einem Umbau der Industriegesellschaft und der Förderung einer umweltverträglichen Mobilität gefördert werden.
Eine großflächige Umwandlung von Ackerland in Flächen für die Herstellung von Energiepflanzen ist für mich moralisch und politisch nicht zu vertreten. Fruchtbare Böden und Ackerflächen dürfen nicht für die Erzeugung von Biogas benutzt werden, sondern vielmehr für die Produktion von ausreichenden Nahrungsmittel für alle Menschen auf der Welt. Nahrungsmittel gehören auf den Teller und nicht in den Tank!
Die Weltgesundheitsorganisation FAO weist darauf hin, dass etwa zwei Milliarden Menschen an Vitamin- und Mineralstoffmangel aufgrund ungesunder oder unzureichender Ernährung leiden. Die Anzahl der betroffenen Menschen steigt immer mehr an. Ursachen für diese Entwicklung sind Krieg, Klimawandel, Armut, Spekulation mit Agrarrohstoffen und das sogenannte „Land Grabbing“, also die zunehmende Spekulation und Enteignung von fruchtbaren Böden durch große internationale Konzerne. Durch die Spekulation mit Agrarrohstoffen und den zunehmenden Einsatz von Energiepflanzen für die Stromgewinnung und die Herstellung von Biokraftstoffen wird die Unterernährung für die Armen in der Welt verschärft.
Gleichzeitig wird durch die Verstromung von „Anbaubiomasse“ eine regelrechte „Vermaisung“ unserer Landschaft gefördert. Seit 1960 hat sich die Anbaufläche von Mais in Deutschland fast verfünfzigfacht. Zwischenzeitlich werden fast 750.000 Hektar Mais ausschließlich für Biogasanlagen angebaut.
Ausdrücklich unterstütze ich die Forderung der NaturFreunde
Deutschlands, für die zukünftige Berechnung der Klimabilanz beim Einsatz von Biomasse für die Erzeugung von Bioenergie „alle klimaschädlichen Emissionen im Zusammenhang mit der Produktion von Bioenergie und alle Treibhausgase (Kohlendioxid, Stickoxide und Methan)“ einzubeziehen, die aus der Verwendung von Düngemitteln und aus dem Verbrauch fossiler Brennstoffe bei der Produktion und Konversion von Biomasse und durch Einsatz der menschlichen Arbeitskraft resultieren“.
Auch die Forderung des BUND, die landwirtschaftlichen Flächen für die Ausweitung des ökologischen Landbaues zu nutzen teile ich völlig. Weiter der BUND: „Der BUND fordert Priorität für die energetische Nutzung von Biomasse aus Reststoffen, Gülle, Bioabfall, Landschaftspflege etc. ein. Die Förderung der energetischen Nutzung ohnehin anfallender und sonst nicht genutzter Reststoffe hat Priorität vor dem Anbau von Energiepflanzen.“
Sinnvoll ist der Bau und der Betrieb von kleinen Biogasanlagen, welche die Restbiomasse nutzen. Auch der Einsatz von Biogasanlagen auf Milchvieh-Betrieben, wo die anfallende Gülle aufbereitet und durch die klimaschädlichen Methangase für die energetische Verwertung entzogen werden, ist sinnvoll.
Mit freundlichen Grüßen
Annette Groth