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Annette Groth
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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Annette Groth von Wolfgang R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Frau Groth!

In einem Artikel der VDI nachrichten vom 5. Juli 2013 wird berichtet, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW der Politik eine sträfliche Vernachlässigung von Investitionen vorwirft. Eine DIW-Studie haben eine Investitionslücke von 75 Mrd. € pro Jahr hauptsächlich in den Bereichen Bildung, Verkehrsinfrastruktur und Energie ermittelt. Dabei sei in den letzten 13 Jahren ein Investitionsrückstand von 1000 Mrd. € entstand und die deutsche Investitionsquote würde weltweit zu den niedrigsten zählen.

Stimmt Ihre Partei den Aussagen der Studie zu? Wenn ja, welche der dort vorgeschlagenen Maßnahmen will sie in der nächsten Legislaturperiode umsetzen?

In einem weiteren Artikel derselben Zeitschrift vom 2. August 2013 sieht Matthias Hartung, Vorstandsvorsitzender der RWE Generation SE, mit Sorge auf das Geschäft, weil die ständig fallenden Großhandelsstrompreise an der Börse (55 bis 60 € / MWh vor ca. 20 Monaten auf unter 38 € / MWh heute) Investitionen fast unmöglich machen. Alle Stromanbieter stünden vor Stilllegungsentscheidungen für ihre Kraftwerke und es sei Allen klar, dass das EEG reformiert werden müsse.

Wie erklären Sie sich, dass der Verbraucher immer höhere Preise zahlt, während der Erzeuger mit immer geringeren Preisen leben muss? Wer macht hier den großen Reibach? Wo sieht Ihre Partei eine Möglichkeit diesen Missstand zu beseitigen, eventuell durch eine Reform des EEG?

Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Richter

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihre Fragen.

ich habe mir die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) durchgelesen und kann mich der Analyse des DIW weitestgehend anschließen. Unter dem Titel „Deutschland muss mehr in seine Zukunft investieren“ zeigt das DIW auf, dass „die deutsche Wirtschaft längst nicht so gut da (steht), wie viele derzeit denken“. Dieser Analyse kann ich mich anschließen. Weiter wird in der Studie aufgezeigt, dass durch die Entscheidungen der Regierungspolitik seit 1999 ein Investitionsrückstand „von rund einer Billion Euro aufgebaut und dadurch erhebliche Wachstumschancen verpasst“ wurden. Als Konsequenz fordert das DIW, dass „die Investitionslücke geschlossen werden muss“.

Dem kann ich grundsätzlich zustimmen. In vielen Reden und Anträgen hat die Fraktion DIE LINKE die Bundesregierung aufgefordert, die Kommunen finanziell zu stärken, da sie die Hauptlast für die Erhaltung der öffentlichen Infrastruktur tragen müssen und gleichzeitig die Auflage eines Zukunftsprogrammes gefordert.

Im Antrag „Zukunftsprogramm für 2 Millionen Arbeitsplätze“ (Drucksache 17/470) hatte sich die Fraktion DIE LINKE bereits schon direkt nach der letzten Bundestagswahl für ein öffentliches Investitionsprogramm eingesetzt.

Forderungen aus dem Antrag sind:

·Jedes Jahr 50 Mrd. Euro für den Ausbau des öffentlichen Dienstes und hier besonders in den Bereichen Bildung, Kinderbetreuung, Gesundheit, Pflege und Kultur einzusetzen.

·Weitere 50 Mrd. Euro sollen jährlich als zusätzliche öffentliche Investitionen zur Erneuerung von Bildungs- und Kultureinrichtungen, Verkehrsinfrastrukturen, der energetischen Gebäudesanierung, des öffentlichen Personennah- und des Schienenverkehrs sowie in erneuerbare Energien investiert werden.

·25 Mrd. Euro sollen jährlich in einen „Zukunftsfonds zur sozialökologischen Erneuerung der Industrie“ eingebracht werden. Die Mittel des Zukunftsfonds soll das produzierende Gewerbe dabei unterstützt werden, seine Produktion auf innovative, energie- und rohstoffeffiziente Verfahren und Produkte umzustellen.

Ausdrücklich kann ich mich der Einschätzung des DIW anschließen, dass „sich der Erhaltungszustand der Infrastruktur deutlich verschlechtert hat“. Weiter das DIW: „So zeigt die Zustandserfassung der Bundesfernstraßen, dass rund 20 Prozent der Autobahnstrecken und 41 Prozent der Bundesstraßen die als Warnwert geltende Zustandsnote 3,5 überschritten haben; bei den Autobahnbrücken haben 46 Prozent des Bestandes den dort geltenden Warnwert von 2,5 überschritten. Die schwache öffentliche Investitionstätigkeit hat dazu beigetragen, dass das Staatsvermögen in Deutschland deutlich geschrumpft ist“.

DIE LINKE hat sich in mehreren Anträge besorgt über den Zustand der öffentlichen Infrastruktur geäußert und konkrete Investitionsprogramme für die Beschleunigung der Energiewende, die Sicherung und Modernisierung von Bahnstrecken, die Modernisierung von Krankenhäusern, Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen, die Sanierung von Brücken und kommunalen Straßen gefordert.

*Zu Ihrer zweiten Frage:*

Vor wenigen Wochen hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass die Verbraucher in Deutschland immer höhere Strompreise zahlen müssen und gleichzeitig der Export von Dumpingstrom ins Ausland ständig zunimmt. Nach der DUH-Untersuchung wird sich die Entwicklung im laufenden Jahr 2013 noch massiv verschärfen. Lag der Exportsaldo 2012 schon bei 23,1 Terawattstunden (das entspricht mehr als der Jahresproduktion von vier großen Kohleblöcken), so wird er 2013 voraussichtlich die 30 TWh-Marke deutlich übertreffen. Die DUH weist dann völlig zu recht darauf hin, dass „der Detailvergleich zeigt, dass die erneut kräftig gestiegenen Stromexporte allein aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken stamme“.

Auch der BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz) kritisiert: „Die Erhöhung der EEG-Umlage geht vor allem auf die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung zurück. Bundeswirtschaftsminister Phillip Rösler hat dafür gesorgt, dass die Zahl der von der Umlage befreiten Unternehmen im Jahr 2013 auf über 2000 ansteigen wird. Dies hat dazu geführt, dass die Industrie im kommenden Jahr um rund vier Milliarden Euro entlastet wird und die EEG-Umlage allein deshalb um rund einen Cent steigt.“ Dieser Kritik kann ich mich voll und ganz anschließen.

Mit ihrem Antrag „Unberechtigte Privilegien der energieintensiven Industrie abschaffen - Kein Sponsoring der Konzerne durch Stromkunden“ (Drucksache 17/8608) hat die Fraktion DIE LINKE gefordert, „die energieintensive Industrie mindestens mit einer EEG-Umlage zu belasten, die alle Unternehmen an den Kosten der Energiewende beteiligt“.

DIE LINKE möchte den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 auf 50 Prozent und den Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung auf 20 Prozent erhöhen. Um dies zu erreichen, muss das das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in seinen zentralen Säulen erhalten bleiben. Durch das EEG wird die vorrangige Einspeisung von Ökostrom gesichert. Gleichzeitig wollen wir Anreize im EEG schaffen, damit die erneuerbare Energie durch moderne Leitungsnetze und Speichermedien auch in der Grundlast eine entscheidende Rolle spielt.

Um die einseitige Belastung von privaten Haushalten und kleinen und mittleren Unternehmen einschränken zu können, fordert die Fraktion DIE LINKE

·eine wirksame Strompreisaufsicht mit Zuständigkeit bei den Ländern einzuführen, der gegenüber die Energieversorgungsunternehmen die Zusammensetzung aller Tarife vorab offenlegen müssen;

·einen VerbraucherInnenbeirat mit dem Rang eines anerkannten Verbraucherschutzverbandes, der ein Mitspracherecht der Stromkundinnen und Stromkunden ermöglicht;

·den Derivatehandel sowie Hedgefonds an der Strombörse zu verbieten;

·die Kontrolle des gesamten Stromhandels einschließlich außerbörslicher Geschäfte einer öffentlichen Einrichtung zu übertragen;

·am Stromhandelsmarkt nur Teilnehmerinnen und Teilnehmer zuzulassen, die unmittelbar physische Stromgeschäfte durchführen;

·den Spotmarkt für den kurzfristigen Handel vollständig den Regeln des Wertpapierhandelsgesetzes zu unterwerfen, um unzulässige Preisauftriebe für den langfristigen Terminmarkt zu unterbinden.

Mit diesen Maßnahmen sehen wir gute Chancen, die derzeitige Preistreiberei bei Strom gegenüber den PrivatkundInnen und Kleinverbraucher zu beenden.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Groth