Frage an Anne Jenter von Markus R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Hallo Frau Jenter,
dem Kandidaten-Check entnehme ich, dass Sie gegen eine Abschaffung der Wehrpflicht sind. Da die SPD glücklicherweise gegen einen Einsatz der Bundeswehr im Innern ist, und die gegenwärtige Bundeswehrplanung von ca. 45´000 Mann Bedarf pro Jahr ausgeht, würde mich interessieren, wie Sie zum Gerechtigkeitsaspekt (nur noch rund 7% eines Jahrgangs werden zum Grundwehrdienst eingezogen) stehen. Haben diejenigen, die nicht so wohlwollende Ärzte haben einfach Pech gehabt, wenn sie nach der Lehre nicht übernommen werden (anders als bei einer möglichen Schwangerschaft darf man im Bewerbungsgespräch über seinen Tauglichkeitsgrad nicht lügen) oder wenn sie ihr Studium erst 2 Semester später antreten können?
Was unterscheidet Ihrer Meinung nach Deutschland von den anderen 23 NATO-Staaten, in denen es keine Wehrpflicht gibt? Was muss in Deutschland durch die Wehrpflicht gewährleistet werden, was 21 EU-Mitgliedern anscheinend auch ohne Wehrpflicht gelingt?
Mit freundlichen Grüßen
Markus Ritter
Sehr geehrter Herr Ritter,
vielen Dank für Ihre Frage, gibt Sie mir doch die Möglichkeit meine differenzierte Position zu der Wehrdienstrage darzustellen, wie das leider in der kurzen Form beim „Kandidatencheck“ nicht möglich ist.
Wir führen in der SPD seit einigen Jahren eine Diskussion zur Zukunft des Wehrdienstes. Auf dem Programmparteitag in Hamburg haben wir ein Konzept beschlossen, welches sich am ehesten mit dem Begriff „freiwillige Wehrpflicht“ umschreiben lässt. Wir wollen zwar formal an der Wehrpflicht festhalten, den verpflichtenden Militärdienst aber durch ein Modell ersetzen, das im Regelfall auf eine freiwillige Rekrutierung setzt. Lediglich im Krisenfall soll die Wehrpflicht noch greifen oder dann, wenn sich nicht genügend Freiwillige melden. Um ausreichend junge Männer freiwillig für den Dienst mit der Waffe zu motivieren, planen wir ein Bonussystem. In diesem Sinne heißt es in unserem Grundsatzprogramm: „Die gesellschaftliche Verankerung und die Akzeptanz der Bundeswehr müssen erhalten bleiben. Die Fortentwicklung der Wehrpflicht ist hierfür ein Garant. Deshalb setzen wir uns für eine Stärkung der Freiwilligkeit beim Wehrdienst ein.“ Diese in der SPD erarbeitete Position wird auch von mir unterstützt.
Bei einer solchen Konstruktion lösen sich auch die von Ihnen in Ihrer Frage angeschnittenen Probleme der Wehrgerechtigkeit weitgehend auf.
Mit freundlichen Grüßen
Anne Jenter