Wie werden Sie Venture Capital als Kanzlerin unterstützen?
Sehr geehrte Frau Baerbock,
sowohl die Klimawende, Strukturwandel und grundsätzlicher wirtschaftlicher Wandel sind abhängig von der Digitalisierung. Auch Sie setzen stark auf Fortschritt in der Digitalisierung zur wirtschaftlichen Stärkung Deutschlands. Nur wird heute die Digitalisierung vor allem durch Gründerinnen und Gründer getragen, die sich gegen viele Widerstände durchkämpfen müssen. Unter anderem ist der aktuelle Schwung in der Gründerszene Investitionen von US-Wagniskapitalgebern geschuldet. Was tun Sie dafür, dass hiesige Venture Capital-Investoren viel wichtiger werden und Innovation weniger von staatlichen oder ausländischen Mitteln abhängig ist?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir stimmen Ihnen zu, Start-ups spielen eine wichtige Rolle, um bahnbrechende Technologien in neue Geschäftsmodelle, Märkte, Dienstleistungen und Produkte umzuwandeln. Fördermöglichkeiten und Netzwerke für junge Unternehmen können den Unterschied zwischen einer guten Idee auf dem Flipchart und einem weltweit erfolgreichen Unternehmen ausmachen. Bei den Finanzierungsbedingungen für Gründungen und Startups gibt es allerdings noch viel zu tun! Die großen Finanzgeber kommen aktuell häufig aus dem nicht-europäischen Ausland. Damit laufen wir Gefahr, gute Ideen, geistiges Eigentum und auch spätere Steuereinnahmen zu verlieren. Mit einem staatlichen Wagniskapitalfonds wollen wir unseren Gründer*innen dauerhaft eine Heimat geben. Wir fordern einen Zukunftsfonds für nachhaltige Moonshot-Projekte, der über die KfW Capital Later-Stage Wachstum finanziert. Anfänglich mit öffentlichen Mitteln ausgestattet, soll er mittelfristig durch privates Kapital auf ein Vielfaches anwachsen. Es geht dabei insbesondere auch um Bereiche wie Greentech, Künstliche Intelligenz, nachhaltige Mobilität oder Life Science, deren hochkomplexe Geschäftsmodelle keine einfache Finanzierung am Markt bekommen.
Um in der internationalen Größenordnung mithalten zu können, ist es entscheidend, dass mehr privates Kapital für weitere Finanzierungen mobilisiert wird. Deutsche Versicherer und Banken zögern allerdings, auch nur in kleinen Teil ihres verwalteten Anlagevermögens in Wagniskapital zu investieren. Hier müssen wir durch Rahmenbedingungen und Anreize solchen institutionellen Anleger die Möglichkeit geben, einen gewissen Anteil davon in Risikokapitalfonds zu investieren. Auch der Wagniskapitalmarkt der EU ist derzeit noch in viele kleine nationale Märkte zersplittert. So können keine großen Wagniskapitalfonds entstehen, die dann auch größere Wachstumsfinanzierungen stemmen können. Hier ist ein wichtiger Baustein die nationalen Förderinstrumente zu koordinieren und abzustimmen. Wir wollen insbesondere europäische Wagniskapitalfonds aufbauen, die schwerpunktmäßig Innovationen in strategischen Bereichen finanzieren, bspw. Ressourceneffizienz, IT-Sicherheit oder Verwaltungsmodernisierung (Govtech). Dazu wollen wir auch bestehende Finanzierungsformen auf europäischer Ebene wie den Europäischen Investitionsfonds (EIF) stärken und mit deutschen und europäischen Initiativen wie dem Green Deal verzahnen.
Daneben wollen wir den Ausbau von Förderprogrammen für Hightech-Start-ups, Gründungszentren und Entrepreneurship-Ausbildungen vorantreiben. Gute Ideen dürfen auch nicht an zu viel Bürokratie scheitern. In den ersten zwei Jahren befreien wir deshalb junge Unternehmen weitgehend von Melde- und Berichtspflichten und bieten Information, Beratung und Anmeldung aus einer Hand an (One-Stop-Shop). Bei der öffentlichen Vergabe beziehen wir Start-ups besser ein und vereinfachen dafür Vergabeverfahren und Regeln zur Eignungsprüfung.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock