Wie schätzen Sie den Zustand der Gesellschaft ein? Was trauen Sie der Bevölkerung zu? Welchen Ruck würden Sie der Politik geben? Was beabsichtigen Sie gegen die Überregulierung/Korruption zu tun?
Sehr geehrter Herr Hnas,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Das Land, die Menschen und auch die Wirtschaft sind bereit für Veränderung. Bereit, die Dinge anders zu denken, anders zu machen, so dass am Ende alle profitieren. Wir Grünen sind die Kraft, die dieses Land mutig, entschlossen und mit neuem Schwung aus der Krise in dieses entscheidende Jahrzehnt führen wollen. Deutschland hat große Herausforderungen zu bewältigen: die ökologische Modernisierung der Wirtschaft, mehr soziale Gerechtigkeit und Anerkennung, mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft und ein starkes Europa. Dafür muss nach Jahren einer Politik im Dauerkrisenmodus Weitsicht und Vorsorge einziehen. Nötig ist eine vorausschauende Politik, die Krisen verhindert und Mut macht, die nötigen Veränderungen anzugehen.
Zu Ihrer anderen Frage: Das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen wollen wir mit mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit stärken, dafür setzt sich unsere Fraktion seit Jahren im Bundestag ein. Der Austausch von Politik und Interessenvertreter*innen ist wichtig in unserer Demokratie, damit die vielen unterschiedlichen Stimmen aus der Gesellschaft gehört werden. Denn zu den Interessensvertreter*innen gehören in unserer Demokratie nicht nur Unternehmen, sondern beispielsweise auch Gewerkschaften, Umwelt-, Sozial- und Arbeitgeber*innen-Verbände. Sie alle bringen wichtige Erfahrungen aus ihrer Praxis in den Prozess der politischen Meinungsbildung ein, gleichwohl hat ihr Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse zugenommen. Besonders bei der Entstehung von Gesetzen findet Einflussnahme statt, u.a. auf der Ebene von Referent*Innen in den Ministerien. Die Cum-ex-Geschäfte, der Abgasskandal, die PKW-Maut und die Masken-Affäre haben zudem die zwingende Notwendigkeit von mehr Transparenz deutlich belegt.
Das von der derzeitigen Koalition zuletzt verabschiedete Lobbyregister weist aber erhebliche Lücken auf. Denn eine größere Anzahl von Akteur*Innen wie Gewerkschaften, Kirchen und Arbeitgeber*Innenverbände wird überhaupt nicht erfasst. Auch fehlt ein legislativer Fußabdruck. Dieser ist aber notwendig, um sichtbar zu machen, wenn Gesetzentwürfe der Regierung von Lobbyist*innen beeinflusst werden. Dieser Fußabdruck ist ein notwendiger Kernbestandteil eines wirksamen Lobbyregisters, wenn der Gesetzgebungsprozess auch wirklich transparenter gestaltet werden soll.
Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass das Lobbyregister nachgeschärft wird. Zudem brauchen wir auch mehr Transparenz und strengere Regeln in der Parteienfinanzierung. Interessenskonflikte von Abgeordneten müssen verhindert werden und für die Tätigkeiten der Abgeordneten darf es keine Gegenleistungen von Dritten geben.
Mehr dazu finden Sie auch auf der Seite der Bundestagsfraktion, u.a. mit unseren umfangreichen Vorschlägen für eine saubere Politik: https://www.gruene-bundestag.de/themen/innenpolitik/ein-wirksames-lobbyregister-einfuehren
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock