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Annalena Baerbock
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Frage von Jens W. •

Wie positionieren Sie sich zum BER am falschen Standort?

Die Standortentscheidung in der Vergangenheit war höchst intransparent und undemokratisch. Beim Raumordnungverfahren 1994 lag Schönefeld ganz hinten, nach dem Hinterzimmer-Konsensbeschluss Stolpe-Diepgen und Tiefensee wurde Schönefeld oh Wunder als geeignetster Standort bewertet, ohne Begründung, ohne Offenlegung! Bei den Grünen habe ich damals die Unterstützung gegen den falschen Standort vermisst. Frösche und Lurche in Sperenberg schienen wichtiger als die Lärm- u. Dreckbetroffenen im Osten/Südosten Berlins. Die Protokolle, das warum, wurden nie veröffentlich! Schönefeld wurde mit viel (Steuer)geld gegen die Bevölkerung über alle Instanzen durchgedrückt. Alle Demonstrationen waren umsonst. Politik interessiert sich nicht für die Menschen. Wenn der Flugverkehr das geplante Volumen erreicht wird es hier nicht mehr auszuhalten sein! Wie soll also die Zukunft aussehen? Lösungen wurden u.a. vom BVBB und anderen Vereinen aufgezeigt.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Aus unserer grünen Sicht ist der Standort Schönefeld für den neuen Hauptstadtflughafen BER eine falsche Wahl gewesen. Zu viele Anwohnerinnen und Anwohner rund um den BER sind vom Fluglärm an diesem stadtnahen Flughafen betroffen und gesundheitlich gefährdet. Wir haben an ihrer Seite demonstriert.

Fakt ist: Den sog. "Konsensbeschluss" für Schönefeld im Jahr 1996 haben ausschließlich Politiker von CDU und SPD getroffen. Die Entscheidung für Schönefeld und gegen Sperenberg und andere Alternativen fiel zwischen dem damaligen Bundesverkehrsminister Wissmann (CDU), dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin Diepgen (CDU) sowie dem damaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe (SPD). In Berlin regierte zu dieser Zeit mit großer Mehrheit eine schwarz-rote Koalition, die Grünen hatten als kleinste Fraktion im Parlament 30 von insgesamt 206 Sitzen. Die Berliner CDU hat sich damals vehement für Schönefeld ausgesprochen, weil Sperenberg als zu weit weg angesehen wurde, und in der Folgezeit immer wieder auch mit der Offenhaltung des innerstädtischen Flughafens Tegel geliebäugelt unter der Annahme, dass der Luftverkehr deutlich zunehmen sollte. Wir Grüne hatten auf die damalige Entscheidung keinen direkten Einfluss.

Fakt ist tatsächlich auch: Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus haben die Entscheidung für Schönefeld damals gutgeheißen. Wesentlich ist aber ein entscheidender Unterschied, nachzuvollziehen im Antrag der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus vom 29.8.1996 (Drucksache 13/715). Darin fordern die Grünen, den Flugverkehr in der Region Berlin-Brandenburg nicht weiter ansteigen zu lassen (damals 11 Mio. Passagiere jährlich), den Ausbau Schönefelds zu einem Luftkreuz ebenso wenig weiterzuverfolgen wie den Bau einer zweiten Start- und Landebahn und Kurzstreckenflüge (die den Großteil der Flugbewegung von und nach Berlin ausmachen) auf die Schiene zu verlagern. Einen Großflughafen und vor allem den gigantisch teuren Ausbau des Flughafenstandorts Schönefeld haben die Grünen nicht mitgetragen. Zitat: "Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist ein neuer Großflughafen in Berlin-Brandenburg nicht zu rechtfertigen, egal ob er in Sperenberg oder Schönefeld in den märkischen Sand gesetzt wird."

Damals wie heute haben wir Grüne die massiven Wettbewerbsverzerrungen und Steuersubventionen des Luftverkehrs kritisiert, an denen Union und SPD im Bund trotz aller Rasanz der Klimakrise unbeirrt festhalten. Bereits im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 1994 haben wir Grüne gefordert, dass der Fernverkehr der Bahn so attraktiv werden muss, "daß für Kurzstrecken-Flüge kein Platz mehr ist." Im Falle eines starken Hinzugewinns an Mandaten im Deutschen Bundestages und einer grünen Regierungsbeteiligung in der nächsten Wahlperiode werden wir Grüne uns für einen massiven Ausbau der Bahn und die Beendigung der Steuervergünstigen im Luftverkehr sowie eine stärkere Dynamisierung der CO2-Bepreisung einsetzen, um den Luftverkehr zu reduzieren. Zudem wollen wir den Einsatz synthetischer Kraftstoffe im Flugverkehr auf der Basis erneuerbarer Energie fördern und durch eine verbindliche Beimischungsquote vorantreiben.

Wir Grüne kämpfen dafür, die nationalen Klimaschutzziele einzuhalten und dadurch dazu beizutragen, dass die globale Erwärmung 1,5 Grad Celsius im Mittel nicht übersteigt. Frösche, Lurche und Menschen, egal ob in Brandenburg oder woanders auf dem Planeten, sollen ihre natürlichen Überlebensgrundlagen behalten.

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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