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Annalena Baerbock
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Frage von Philipp R. •

Welche Zukunft steht uns bevor?

Sehr geehrte Frau Baerbock,

Ich bin 38 und als selbständiger Lehrer tätig. Ich unterliege nun der Rentenversicherungspflicht, welche mich jeden Monat 611€ kostet. Unabhängig davon ob ich Aufträge habe oder nicht.
Mein errechneter Renteneintritt soll 2050 stattfinden - in 29 Jahren also.
Es wird argumentiert, dass man Versorgungspunkte ansammelt, wer einzahlt, bekommt auch was - dann. Im Alter. 2050.
Macht sich auch jemand Gedanken darüber, wie die Welt 2050 aussehen wird? Welche Umweltkatastrophen werden neben brennenden Kontinenten, überfluteten und zerstörten Regionen und Pandemien bis dahin noch auf uns zukommen.
Ist Deutschland ganz allgemein darauf vorbereitet? Gibt es ein Risikomanagement?
Und welche Gedanken macht sich Deutschland bzgl. des Themas Rente? Was bringen mir in 29 Jahren meine Versorgungspunkte? Wird es 2050 noch Geld geben? Konten? Banken? Die DRV? Eine Infrastruktur?
Ich mache mir gerade ernsthaft Gedanken, wozu ich in die RV einzahlen sollte.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ra,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit, daher habe wir großes Verständnis für Ihre Zweifel und Fragen, sie treiben uns Grüne ebenfalls seit langem um. Wir sind überzeugt, jetzt ist entschlossenes Handeln beim Klimaschutz unumgänglich und es wird sich auszahlen. Union und SPD haben allerdings in den letzten Jahren viel zu wenig getan. Wir Grünen stellen in einer künftigen Regierung das Pariser Klimaabkommen in den Mittelpunkt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts konsequent handeln und unsere Industriegesellschaft in die Klimaneutralität führen, können wir die Klimakatastrophe noch verhindern und zu einer klimagerechten Welt beitragen. Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. So wollen wir auch die Gefahr von Umweltkatastrophen eindämmen und unseren ökologischen Fußabdruck auf ein verträgliches Maß verringern. Mehr dazu hier: https://www.gruene.de/artikel/klimaschutz-sofortprogramm

Elementar aus unserer Sicht ist es, Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang gut zu gestalten. Denn mit dem Wandel zur Klimaneutralität entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige werden verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja Zumutung. Dieser Wandel gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind.

Sehr relevant ist Ihre Frage nach der Zukunft der Rente. Die gesetzliche Rentenversicherung ist und bleibt nach unserer Überzeugung die wichtigste Säule unseres Rentensystems. Im Vergleich zu kapitalgedeckten Formen der Altersvorsorge, besonders der Riester Rente, zeigt sich die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund ihrer Verlässlichkeit, ihrer Renditeaussichten, ihres breiten Leistungsspektrums und ihrer solidarischen Risikoverteilung in weiten Teilen als überlegen: Leistungen der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente sind weitgehend an die gesellschaftliche Wertschöpfung und die Lohnentwicklung gekoppelt. Diese entwickelt sich deutlich stetiger und damit verlässlicher als Kapitalmärkte, die den Preisschwankungen von Wertpapieren und den Stürmen der Finanzkrisen kaum geschützt ausgesetzt sind. Die Versicherten genießen im Umlageverfahren eine größere Sicherheit und können ihr Einkommen im Alter bereits frühzeitig abschätzen. Deshalb ist Ihre Vorsorge über die gesetzliche Rente in jedem Fall sinnvoll.

Um das Rentenniveau dauerhaft zu stabilisieren, braucht es ein Reformpaket: wir wollen die Frauenerwerbstätigkeit unter anderem durch ein Rückkehrrecht in Vollzeit erhöhen, ein echtes Einwanderungsgesetz schaffen und die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer*innen verbessern. Geringverdiener*innen wollen wir besser unterstützen und dafür sorgen, dass sie im Alter mehr Rente bekommen. Langjährig Versicherte wollen wir mit der Garantierente – einer Weiterentwicklung der Grundrente – gezielter und unbürokratischer unterstützen.

Was Ihren Hinweis auf die Kosten für Selbständige wie Sie betrifft: Die soziale Absicherung muss insgesamt so ausgestaltet werden, dass sie Selbstständige nicht überfordert. Sie muss real möglich sein, auch beim Blick in die Geldbörse und über die verschiedenen Zweige der sozialen Sicherung hinweg. Gerade Selbstständige mit kleinen Einkommen sollen bei ihrer sozialen Absicherung nicht überfordert werden. Darum wollen wir die Mindestbeiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung absenken und – ab einem niedrigen, angemessenen Mindestbeitrag – einkommensabhängig gestalten. Wir wollen die nicht anderweitig abgesicherten Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen – auch hier soll es einkommensabhängige Beiträge geben und vor allen Dingen mehr Flexibilität. Selbstständige sollen in guten Zeiten mehr Beiträge zahlen können, um schlechte Zeiten auszugleichen oder für zu erwartende Auftragsflauten vorzusorgen.

Nicht zuletzt hängt die Frage der Absicherung im Alter zentral daran, im Erwerbsleben anständig entlohnt zu werden. Auch für Selbständige ist es wichtig, dass sie fair bezahlt werden. Werk- und Dienstverträge dürfen nicht zum Lohndumping missbraucht werden. Deshalb wollen wir branchenspezifische Mindesthonorare möglich machen.

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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