Was tun Sie um den Oderausbau- der ja eine weitere Zerstörung unserer Klimazone bedeutet, wie jetzt geplant, zu verhindern?
Sehr geehrter Herr V.,
vielen Dank für Ihre Frage. Der Stopp des Oder-Ausbaus ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. Mit Blick auf den 25. Jahrestag der Oderflut 1997 im nächsten Jahr und auch auf die diesjährige Flutkatastrophe vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zeigt sich deutlich, dass wir den Flüssen mehr Raum geben sollten und mehr in Klima- und Hochwassershutz investieren müssen.
Die Bundesanstalt für Wasserbau errechnete im Rahmen einer Modellierung, dass ein Oderausbau in den gefährdeten Gebieten, z.B. am Deich von Hohenwutzen und im Stadtgebiet von Frankfurt (Oder), die Wasserstände der Hochwasserwelle um zusätzliche 10-12 cm erhöhen würde. Deswegen wollen wir diese Ausbaupläne stoppen, um die Bürger*innen entlang der Oder zu schützen. Außerdem ist ein Oder-Ausbau nach unserer Fassung nicht mit dem EU-Umweltrecht vereinbar, denn Maßnahmen, die den ökologischen Zustand unserer Fließgewässer verschlechtern, sind nicht erlaubt. Die Ausbaupläne würden zu inakzeptablen Schäden an den Ökosystemen (z.B. des Nationalparks "Unteres Odertal" und anderer Natura2000-Gebiete) führen. Das Vertiefen der Fahrrinne würde Wasser aus der Breite ziehen, die wertvollen Auen fallen trocken. Aus den vermoorten Gebieten wird CO2 freigesetzt, und somit klimaschädlich wäre. Durch den sinkenden Grundwasserspiegel trocknet der Boden aus - mit gravierenden Problemen für Baumbestand und Landwirtschaft. Aus diesem Grund setzten wir uns für die Einhaltung des EU-Umweltrechts ein. Wir wollen die Ausbau-Maßnahmen stoppen und die Pläne nach EU-Recht (insb. der Wasserrahmenrichtlinie) prüfen lassen. Wir möchten, dass eine neue Bundesregierung mit Polen über einen neuen, gemeinsamen Umgang mit unserem Fluss verhandelt.
Unserer Meinung nach lässt sich der Ausbau der Oder als Schifffahrtsstraße aus ökologischer Sicht nicht rechtfertigen und verstößt auch gegen das deutsche und europäische Umweltrecht. Die Transportmengen auf der Oder sind seit Jahrzehnten gering. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur stuft die Oder als Nebenwasserstraße ein und plant laut Bundesverkehrswegeplan auch keinen Ausbau. Ein Oderausbau hat aus verkehrspolitischer Sicht kaum Vorzüge, vernichtet aber wertvolle Flora und Fauna unwiederbringlich. Deshalb ist das Deutsch-Polnische Abkommen von 2015 aus unserer Sicht nicht umsetzbar. Wir fordern stattdessen, Güter auf die Schiene zu verlagern und Schienenverbindungen auszubauen. Das ist deutlich ökologischer und kostengünstiger.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock