Was halten sie von einer Überarbeitung der Rechtslage zu E-Bikes/(S-)Pedelecs, um diese attraktiver für Pendelnde zu machen?
Macht es aus ihrer Sicht Sinn, die Rechtslage um E-Bikes etwas anzupassen/aufzuweichen, um so eine praktische Alternative zum PWK-Individualverkehr zu schaffen? Wenn ich mich momentan für ein normales Pedelec entscheide, bin ich mit 25km/h im Vergleich zum PKW durchaus etwas langsamer unterwegs. Dieses Gefühl scheinen viele Fahrer zu teilen, sonst wäre die Nachfrage nach Tuningkits nicht so hoch. Mit einem schnelleren S-Pedelec komme ich schon deutlich näher an die gewohnte Fahrtzeit ran, darf dann jedoch nicht mehr auf Radwegen fahren, sodass ich auf normale Straßen ausweichen muss (selbst wenn ich nur mit 30-35km/h unterwegs bin). Da bin ich dann mit 45km/h für den regulären Stadtverkehr trotzdem zu langsam und werde zum Hindernis für PKWs. Das Problem mit Radwegen an Landstraßen sei mal ganz vorweggenommen. Kriegt man das nicht irgendwie besser hin? Besonders mit Blick in die Schweiz und den immer häufiger werdenden Radschnellwegen.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Elektro-Fahrräder werden einen wichtigen Teil zur Verkehrswende beitragen. Sie haben das Potenzial zahlreiche Autofahren auch über mittlere Distanzen zu ersetzen und tun dies vielfach schon heute.
Eine generelle Zulassung von bis zu 45 km/h schnellen S-Pedelecs auf Radwegen oder gar eine Gleichsetzung von S-Pedelecs mit Fahrrädern oder Elektrofahrrädern, die maximal 25 km/h fahren, lehnen wir aus Gründen der Verkehrssicherheit ab. Auf zahlreichen für den Radverkehr zugelassenen Wegen befinden diese sich im Mischverkehr mit Fußgänger*innen. Motorisierte Fahrzeuge, die über 25 km/h fahren können, können dort aus Sicherheitsgründen nicht generell erlaubt sein. Auch der Geschwindigkeitsunterschied zu durchschnittlich schnell fahrenden Radfahrer*innen, die oft mit 12 bis 17 km/h unterwegs sind, ist extrem hoch. Fußwege wie auch Radwege sind geschützte Bereiche für die jeweiligen Verkehrsarten und müssen es auch bleiben.
Dennoch kann es auf manchen Radwegen - abhängig etwa von Ausbaugrad, Breite und Auslastung - durchaus sinnvoll sein, S-Pedelecs zuzulassen, damit S-Pedelecfahrer*innen z.B. bei vorhandenem gut ausgebauten Radweg außerorts nicht gemeinsam mit dem bis zu 100 km/h fahrenden Autoverkehr die Straße nutzen müssen. Es ist auch denkbar, S-Pedelecs z.B. zur Querung über Fahrradbrücken im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsbeschränkungen zuzulassen oder das Schieben von S-Pedelecs durch Fußgängerzonen.
Wo und in welchen Fällen derartige Zulassungen sinnvoll sind, muss vor Ort eigenständig und an den vorhandenen Bedingungen angepasst, entschieden werden. Es ist den Ländern bereits heute möglich, ein Zusatzzeichen "S-Pedelec frei" einzuführen. Baden-Württemberg hat z.B. ein solches. Behörden vor Ort können damit bestimmte Strecken für S-Pedelecs freigeben. Wir halten es für sinnvoll, ein solches Zeichen in der Bundesgesetzgebung zu verankern.
Außerdem wollen wir Radwege und Radschnellwege deutlich ausbauen und den Stadtverkehr sicherer machen, indem wir innerorts das Regel-Ausnahmen-Verhältnis umkehren, so dass 30 km/h die Regel ist.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock