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Annalena Baerbock
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Frage von Kasimir S. •

Warum gibt es so wenig Menschen im Pflegebereich? Lösung: gebt Ihnen den Beamtenstatus

Sehr geehrte Frau Baerbock.
Gebt den Pflegerinen und Pflegerin einen Beamtentitel und das Problem ist gelöst.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Pflegekräfte leisten einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Menschen, die im Alter, aufgrund einer Behinderung oder bei Krankheit Unterstützung brauchen, wünschen sich zu Recht Pflegekräfte, die sich professionell und mit Sorgfalt um sie kümmern können. Dabei sind die Pflegeberufe die zahlenmäßig größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Eine anhaltende Entwicklung ist jedoch seit Längerem die Abkehr vom Beruf, verbunden mit zu wenig Nachwuchs. Das liegt vor allem an den Arbeitsbedingungen.

Aktuell müssen Beschäftigte in medizinischen Berufen zu oft über ihre Belastungsgrenzen hinaus arbeiten. Unterbesetzung, Überstunden, physische und psychische Überforderung sind Alltag, nicht nur in Pandemiezeiten. Darunter leiden alle, Patient*innen wie Pflegende. Diese Arbeitsbedingungen wollen wir verbessern. Dafür braucht es nicht nur mehr Lohn, Arbeitsschutz und Anerkennung – sondern vor allem mehr Kolleg*innen und mehr Zeit. Wir wollen durch verbindliche, bedarfsgerechte Personalbemessung – auch in der Langzeitpflege –, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mehr eigenverantwortliche Arbeit von Fachkräften, den Abbau unnötiger Bürokratie und die Ermöglichung neuer Arbeitszeitmodelle, etwa der 35-Stunden-Woche in der Pflege bei vollem Lohnausgleich, Arbeitsbedingungen schaffen, unter denen viele Menschen – ganz neu, weiter oder wieder – gerne in der Pflege arbeiten. Die Ausnahmen im Arbeitszeitgesetz für den Gesundheitsbereich wollen wir beschränken, um Überlastung vorzubeugen und den Personalverlust im medizinischen und pflegerischen Bereich einzudämmen. Für potenziell traumatisierende Ereignisse braucht es eine Stärkung der psychosozialen Unterstützung für alle Gesundheitsberufe. Wertschätzung braucht auch Löhne, die sie bezeugen – am besten über gute Tarifverträge. Wir wollen die soziale Pflegeversicherung verpflichten, nur noch mit Anbietern zusammenzuarbeiten, die nach Tarif auf Niveau von Flächentarifverträgen bezahlen. Um die Attraktivität der Pflegeberufe nachhaltig zu steigern, wollen wir Ausbildung, Selbstorganisation, Einflussmöglichkeiten der professionellen Pflege und ihre Strukturen auf Bundesebene stärken, beispielsweise durch eine Bundespflegekammer und vor allem durch starke Mitspracherechte im Gemeinsamen Bundesausschuss und in anderen Entscheidungsgremien. Das Studium der Pflegewissenschaften und der Pflegepädagogik sowie Forschung in der Pflege wollen wir finanziell und strukturell unterstützen.

Um all diese Verbesserungen für Pflegepersonal nebst Absicherung im Berufslebenslauf zu gewährleisten, setzt dies keinen Beamtenstatus voraus. Ein Beamtenstatus ist mit besonderen Treuepflichten, Streikverboten etc. verbunden und sollte vor allem bei hoheitlichen (Eingriffs-)Tätigkeiten zum Tragen kommen, wie das auch Art. 33 Abs. 4 unseres Grundgesetzes nahelegt.

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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