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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Uwe W. •

Unterstützen Sie eine Grundgesetzergänzung, damit die bisher leere Phrase über Abstimmungen endlich zu einer lebendigen Mitbestimmung in Deutschland führt (Einführung direkte Demokratie) ?

Abstimmungen stehen zwar neben Wahlen im Grundgesetz, sind aber nach geltender Rechtsauffassung nur in Ausnahmefällen zulässig (Gebietsreform/neue Verfassung).
Damit ist Deutschland das einzige europäische Land, in dem Abstimmungen praktisch unzulässig sind. (auf Bundesebene)
Selbst Ungarn oder andere oft kritisierte Staaten, wie Russland oder die Türkei, erlauben ihren Bürgern abzustimmen (also Sachentscheidungen, nicht nur Wahl von König+Hofstaat).
Das müssen keine polarisierenden Ja/Nein-Entscheidungen sein. Ich würde gerne auch konsensbildende Verfahren wie systematisches Konsensieren praktisch anwenden dürfen und auch eine Art Themenkompetenzprüfung als Zugangsvoraussetzung zur
Abstimmung befürworten (um spontanen Bauchentscheidungen oder Sabotage vorzubeugen).
An der politischen Machtlosigkeit des Normalbürgers muss sich was ändern, dafür bin ich 1989 auf der Straße gewesen und habe "Wir - sind das Volk!" gerufen. Das Heute ist eher "stille Post" als Partizipation.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr W.

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir GRÜNE fordern seit vielen Jahren Instrumente der direkteren Beteiligung und Mitbestimmung der Bürger*innen. Denn die Essenz unserer Demokratie ist, dass Perspektiven aktiv eingebracht werden können. Eine vielfältige Demokratie braucht Einmischung, Repräsentanz, Lust zur Auseinandersetzung und Kompromissfähigkeit. Wir wollen, dass unsere Bevölkerung die Möglichkeit bekommt, die politische Agenda stärker selbst zu gestalten.

Wir halten Bürger*innenräte für die beste Form der direkten Beteiligung am politischen Aushandlungsprozess. In Zeiten starker Polarisierung und gesellschaftlicher Pluralisierung sind sie aus unserer Sicht ein passendes Instrument, um unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen wieder miteinander ins direkte Gespräch zu bringen. So schaffen wir die Möglichkeit, bei ausgewählten Themen die Alltagsexpertise von Bürger*innen direkter in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Auf Initiative der Regierung, des Parlaments oder eines Bürger*innenbegehrens beraten zufällig ausgewählte Bürger*innen in einem festgelegten Zeitraum über eine konkrete Fragestellung. Sie erarbeiten Handlungsempfehlungen und geben Impulse für die öffentliche Auseinandersetzung und die parlamentarische Entscheidung. Eine freie, gleiche und faire Beratung muss sichergestellt werden.
Regierung und Parlament müssen sich mit den Ergebnissen auseinandersetzen. Außerdem wollen wir ein digitales Portal, wie es zum Beispiel in Baden-Württemberg schon erfolgreich angewendet wird, für die aktive Beteiligung an der Gesetzgebung einführen und das Petitionsrecht zu einem leicht zugänglichen Instrument für bessere Mitwirkung am demokratischen Prozess ausbauen.

Mit besten Grüßen
Team Annalena Baerbock

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