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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Beate B. •

Sie möchten auch im 3. Jahrtausend n Chr. dass der Staat für die "Kirchen" die Mitgliedsbeiträge/Kirchensteuer einsammelt - warum?

Sehr geehrte Fr. Baerbock,
es gibt einen Vertrag dazu zwischen Deutschland u d Kirchen - ja, aber der ist so alt wie Methusalem's Bart. Kein EU Land nimmt den Kirchen diese Verwaltungsarbeit ab und trotzdem haben alle EU Länder funktionierende Kindergärten etc - wenn wir nach Frankreich schauen, ist dort die Staatspolitik strikt von den glaubensorientierten Religionen getrennt und auch dort wird gelebt. Warum also wollen Sie, die Sie doch für Fortschritt u Aufbruch stehen möchten, unbedingt daran festhalten?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Auch wir Grüne befassen uns in unserer Arbeit fortwährend mit diesem Themenbereich. So haben wir uns in unserer Religionskommission intensiv mit dem Komplex befasst. In der Religionskommission haben verschiedene Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker über einen Zeitraum von mehreren Jahren intensiv an grünen Positionen zum Verhältnis von Staat, Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften gearbeitet und Reformvorschläge erarbeitet. Wir sind der Auffassung, dass es grundlegender Reformen des kooperativen Verhältnisses von Staat und Kirche bedarf. Den Beschluss finden Sie in voller Länge unter dem folgenden Link: https://cms.gruene.de/uploads/documents/RW-01_Religions-_und_Weltanschauungsfreiheit.pdf

Auch in unserem Wahlprogrammentwurf befassen wir uns mit der Thematik. Dieses können Sie unter dem folgenden Link abrufen: https://cms.gruene.de/uploads/documents/2021_Wahlprogrammentwurf.pdf. Nach dem Entwurf machen wir Grünen es uns zur Aufgabe das Verhältnis von Kirche und Staat zu reformieren (S. 93). Wir erkennen an, dass die christlichen Kirchen und Gemeinden eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft sind. Wir wollen die gewachsene Beziehung zwischen Staat und den Kirchen zwar im Grunde erhalten, wollen diese aber wo nötig der gesellschaftlichen Realität anpassen. So wollen wir beispielsweise, dass das kirchliche Arbeitsrecht reformiert wird. Lassen Sie mich dabei allerdings darauf hinweisen, dass es sich bei dem Dokument um einen Entwurf des Bundestagswahlprogramms handelt. Bevor das Programm im Juni endgültig beschlossen wird, werden erfahrungsgemäß noch zahlreiche Änderungen vorgenommen. Es ist also möglich, dass die demokratisch beschlossene Fassung anders lauten wird.

Zuletzt zu Ihren Anmerkungen zu den Staatsleistungen: Wir Grünen wollen den über 100 Jahre alten Verfassungsauftrag angehen und halten es für geboten, dass die Staatsleistungen abgelöst werden. Vergangene Woche wurde unser Gesetzesentwurf zu diesem Thema, den wir zusammen mit der FDP und der Linken vorgelegt hatten, im Plenum des Bundestags abschließend behandelt. Leider wurde der Entwurf nicht angenommen, da die Große Koalition wie auch die AfD ihre Zustimmung verweigerten. Unser Entwurf wollte sicherstellen, dass die Kirchen ihre derzeitigen, wichtigen Leistungen für die Gesellschaft fortsetzen können. Er gewährleistet die angesichts der Dauer des unerfüllten Auftrags dringend gebotene Rechtssicherheit. Zugleich hätte er den Ländern Planungssicherheit für den Prozess gewährleisten können. Da der Entwurf nicht angenommen wurde bleibt der Verfassungsauftrag, den Ablöseprozess anzustoßen, vorerst unerfüllt und die Länder haben diese Leistungen weiterhin an die Kirchen zu gewähren. In der neuen Gesetzgebungsperiode werden wir uns der Aufgabe erneut annehmen. Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw18-de-staatsleistungen-836888

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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