Schönen guten Tag, wie stehen die Grünen zur Beitragsbemessungsgrenze bei den Sozialversicherungen? Warum gibt es die Grenze überhaupt, mit welchem Zweck?
Mit freundlichen Grüßen L. K.
Sehr geehrte Frau Kalka,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Die Beitragsbemessungsgrenzen in den unterschiedlichen Sozialversicherungszweigen finden wir grundsätzlich sinnvoll. Bei der Renten- und der Arbeitslosenversicherung wird mit den durch die Beitragsbemessungsgrenze gedeckelten Beiträgen erreicht, dass die Leistung (also das Arbeitslosengeld sowie die Rente) nach oben begrenzt ist. Würden eine Topmanagerin oder ein Profifußballer in der Renten- oder Arbeitslosenversicherung mit ihrem Millionengehalt verbeitragt werden, so würden diesem auch entsprechend hohe Ansprüche auf Rente und Arbeitslosengeld erwachsen. Das widerspricht nicht nur dem Gedanken der Risikoabsicherung, es ist nicht notwendig und nicht verhältnismäßig. In der Kranken- und Pflegeversicherung steht allen die gleiche Leistung zu, egal wie ob wenig Beitrag (aus kleinem Gehalt) oder hoher Beitrag aus hohem Einkommen. Auch hier ist es eine Frage der Verhältnismäßigkeit, die Beiträge zu begrenzen - auch wenn man selbstverständlich diskutieren kann, ob die Höhe der Beitragsbemessungsgrenzen angemessen ist.
In allen Sozialversicherungszweigen, vor allem bei der Arbeitslosen- und Krankenversicherung gibt es aber auch ein starkes solidarisches Element: nicht alle werden für längere Zeit arbeitslos oder schwer krank, diese besonderen Risiken federt die Gemeinschaft der Versicherten ab, so dass sich jeder auf diese Leistungen verlassen kann.
Für uns Grüne steht im Vordergrund weniger die Diskussion um das Instrument der Beitragsbemessungsgrenzen (deren Höhe aber nicht in Stein gemeißelt ist), sondern unseren Sozialstaat sicher und zukunftsfest zu machen.
Unsere sozialen Sicherungssysteme beruhen auf dem Solidaritätsprinzip. Je mehr Menschen einbezogen sind, desto stabiler sind sie. Heute sind aber ganze Berufe bzw. Berufsgruppen wie Beamt*innen oder Abgeordnete gar nicht Teil dieses gesetzlichen Sozialversicherungssystems. Das wollen wir Grüne ändern. Für eine solidarische soziale Sicherung wollen wir die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu Bürgerversicherungen weiterentwickeln, die perspektivisch alle Bürger*innen einbezieht und gut absichert. Auch würden die Beiträge dann auf alle Einkommen – also z.B. auch Einkommen aus Vermögen- erhoben.
Das würde die finanzielle Situation der Sozialversicherung deutlich stabilisieren. Vor allem aber stellen wir so sicher, dass alle Menschen gut abgesichert sind. Eine solche Reform ist umfassend und wir wollen sie schrittweise angehen. Erste Schritte aus unserer Sicht sind zum Beispiel die Verbesserung der Versorgung etwa mit Sehhilfen in der GKV, die Beseitigung der Benachteiligung von gesetzlich versicherten Beamt* innen sowie die bessere Absicherung und mehr Wahlrechte auch für PKV-Versicherte. Bei der Rente sollen in einem ersten Schritt Abgeordnete sowie alle Selbstständigen, die nicht anderweitig abgesichert sind, in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden.
Wie Sie sehen, haben wir einen umfassenden Reformanspruch, um die soziale Absicherung in unserem Land zu verbessern. Die Höhe der Beitragsbemessungsgrenzen ist Teil einer größeren Debatte über Beitragssätze, Absicherungsniveau (z.B. Rentenniveau) und Qualität in der sozialen Sicherung sowie der Solidarität in der Finanzierung. Für uns Grüne hat Priorität, die sozialen Sicherungssysteme so zu stärken, dass sie auch in Zukunft allen verlässlich Halt und Sicherung bieten und jede/r sich gemäß seiner Möglichkeiten an deren Finanzierung beteiligt.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock