Inwiefern sollte Ihrer Meinung nach das Bildungswesen verändert werden, um allen Kindern gleiche Chancen zu ermöglichen? Also ohne Relevanz von Einkommen, Wohnort, Herkunft, Geschlecht, etc.
Sehr geehrte Frau Baerbock, die Unterschiede in der Bildung sind enorm, egal ob zwischen Stadt und Land, in Abhängigkeit des Einkommens/ der Herkunft/ der Vorbildung im Elternhaus oder allein in den unterschiedlichen Lernanforderungen der Kinder begründet. Wir benötigen dringend ein neues Bildungssystem, das das Individuum fördert und fordert und trotzdem gleiche Chancen bietet. Sehen Sie das genauso? Mit guter Bildung können Herausforderungen in den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Gesellschaft viel besser angegangen werden.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir stimmen Ihnen zu. Als Grüne sind wir ganz grundsätzlich überzeugt, dass Schule als ein lernendes System Zeit, und Kinder individuelle Förderung statt Druck brauchen. Wichtig sind Bestätigung für das, was sie gelernt haben, inhaltlich und lebensweltlich und auch Klarheit darüber, wo sie stehen und was sie brauchen. Lernstandsfeststellungen sind deshalb aus unserer Sicht auch wichtiger als Noten. Schulen sollten zwar Zeugnisse anbieten, aber insgesamt weniger auf Abschlussnoten oder Prüfungen fokussieren. Stattdessen setzen wir auf strukturelle Hilfe, die individuelle Förderung möglich macht.
Durch die Pandemie ist an Schulen vieles durcheinander, aber auch in Bewegung gekommen. Wir wollen diesen Schwung nutzen, um unser Bildungssystem langfristig besser und gerechter zu machen. Mit einem umfassenden Bildungsschutzschirm möchten wir zunächst schnell dafür sorgen, dass jede*r Schüler*in stark aus der Krise kommt. Bildungsschutzschirm heißt für uns: kräftige Investitionen in zusätzliche Lernförderung, spannende Ferien- und Freizeitangebote, mehr Schulsozialarbeiter*innen und Psycholog*innen an Schulen, Krisenintervention und Einzelfallhilfe ausbauen, und nicht zuletzt die Kitas bei der Sprachförderung und anderen frühkindlichen Bildungsangeboten unterstützen. Denn hier wird der Grundstein für den späteren Bildungserfolg gelegt. Die Unterstützung, die wir jetzt an Schulen aufbauen, um die Folgen der Krise zu bewältigen, wollen wir dabei so anlegen, dass sie auch langfristig die intensive Förderung von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Schulen ermöglichen. Denn klar ist auch, dass die negativen Folgen der Pandemie nicht einfach nach einem Jahr verschwunden sein werden.
Damit Kinder auch nach der Pandemie ohne Druck lernen können und Zeit haben, Neues zu entdecken und auszuprobieren, wollen wir den Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung und -betreuung schnell umsetzen, mit hohen Qualitätsstandards und zuverlässiger Betreuung als Entlastung für die Eltern. Die Zusammenarbeit mit Musikschulen, Sportvereinen oder Stiftungen, die auch jetzt mitanpacken können, damit Kinder und Jugendliche stark aus der Krise kommen, wollen wir auch nach der Pandemie weiter ausbauen. Gute Ganztagsangebote bieten dafür einen idealen Rahmen, um möglichst viele Kinder mit vielfältigen Angeboten zu erreichen.
Kinder verdienen die beste Bildung, gerechte Chancen und vielfältige Teilhabe – und zwar jedes Kind. Dass Chancengleichheit in Deutschland jedoch noch lange nicht Realität ist, hat die Pandemie gezeigt. Wir wollen die Zäsur nutzen, um es besser zu machen. Dafür hat Annalena Baerbock eine nationale Bildungsoffensive vorgeschlagen, die Schulen zu den schönsten, fairsten und modernsten Orten des Landes machen soll. Das Impulspapier finden Sie hier: https://annalena-baerbock.de/wp-content/uploads/2021/07/20210729_Autorinnenpapier_Bildungsoffensive_DINA4_web.pdf
Weitere Ideen und Forderungen finden Sie in unserem Wahlprogramm (Bildung ab Seite 141): https://cms.gruene.de/uploads/documents/Wahlprogramm-DIE-GRUENEN-Bundestagswahl-2021_barrierefrei.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock