Frage an Annalena Baerbock von Uwe C. bezüglich Politisches Leben, Parteien
Hallo Frau Baerbock,
Ich habe einige Vorschläge, um endlich wieder glaubhafte Politiker und nicht nur redegewandte Berufspolitiker in die Parlamente zu bekommen:
1.
Die Mitgliedschaft in den Parlamenten sollte auf 2 Legislaturperioden (maximal 10 Jahre) begrenzt werden, damit sich erst gar keine Berufspolitikerkaste bilden kann. Vielleicht hätten wir dann bald wieder Parlamente, die die Bevölkerungsstruktur des Landes wieder spiegeln,
2.
Die Anzahl der Bundestagsmitglieder reduzieren. Wenn hier keine drastischen Maßnahmen ergriffen werden, nicht nur kleine Schritte irgendwann, dann verlieren die Regierenden noch mehr an Glaubwürdigkeit beim Wähler. Man muß sich nur die Gruppe der Nichtwähler ansehen. Bei der letzten Wahl in Sachsen-Anhalt waren es schon fast 40% der Wahlberechtigten, die sich von der aktuellen Politik verabschiedet haben. Bei Berücksichtigung der Nichtwähler reduziert sich die Zustimmung zur CDU in Sachsen-Anhalt dann auf etwa 22% der Wahlberechtigten! Von einer Volkspartei würde ich da nicht mehr sprechen! Noch schlimmer sieht es bei den anderen Parteien aus.
3.
Endlich ein aktives Mitspracherecht der Bürger schaffen, genau wie es die Volksabstimmungen in der Schweiz darstellen! Dieses Prinzip gibt den Bürger nicht nur das Gefühl, dass er gefragt ist und auch Entscheidungen der Politik mal rückgängig machen kann, sondern auch die Macht dazu! Leider wehren sich alle etablierten Parteien in Deutschland, außer der AfD, gegen das Schweizer Prinzip. Warum wohl?
4.
Nebenbeschäftigungen für Abgeordnete sind nur zulässig, wenn Sie in direktem Zusammenhang mit der Wiedereingliederung des Abgeordneten ins Berufsleben nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament erforderlich sind. Obwohl es dafür ja schon das üppige Überbrückungsgeld gibt.
5.
Abgeordnete, die gegen die Abgeordnetenregeln verstoßen, müssen sofort aus den Parlamenten entlassen werden und Ihre Privilegien verlieren.
Was halten Sie davon im Einzelnen?
Uwe Cyrkel
Sehr geehrter Herr Cyrkel,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Der Bundestag ist der zentrale Ort für öffentliche Debatten, Rede und Gegenrede und Entscheidungen unserer Demokratie. Für gute Gesetzgebung braucht es ausreichende Beratung und eine Stärkung der Kontrollrechte des Parlaments. Wir wollen die Rolle des Bundestages bei der Gesetzgebung ausbauen. Seine Arbeitsfähigkeit ist zu garantieren und zu stärken. Deshalb setzen wir uns für eine Wahlrechtsreform ein, die das Parlament deutlich verkleinert, unter anderem durch die Reduzierung von Wahlkreisen, die außerdem fair und verfassungsgemäß ist, und bei der jede Stimme gleich viel wert ist. Im Rahmen dieser Reform sollten unter anderem die Verlängerung der Legislaturperiode und die Amtszeitbegrenzung für das Amt der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers geprüft werden. Die Sitzungen der Fachausschüsse sollen in der Regel öffentlich stattfinden und gestreamt werden. Die Abgeordneten sollen in ihren Kontrollrechten gegenüber der Regierung mit einem Akteneinsichtsrecht gestärkt werden. Komplexe Gesetzgebungsverfahren wollen wir verständlicher machen, indem Textgegenüberstellungen der Gesetzesänderungen öffentlich gemacht werden.
Außerdem ist es höchste Zeit für eine faire Verteilung von Macht. Unsere repräsentative Demokratie muss diverser werden, unsere Parlamente brauchen die Vielfalt der Herkunft und Lebenswege, die Debatten brauchen die Perspektiven, die daraus entstehen. Wir werden Hürden abbauen damit auch queere Menschen, Nicht-Akademiker*innen, Menschen mit Behinderung und Menschen mit Migrationsgeschichte gleichberechtigt und selbstverständlich vertreten sind.
Statt das Modell der Schweiz zu übernehmen wollen wir Bürger*innenräte einführen: Direkte Beteiligungsmöglichkeiten bereichern die Demokratie und stärken die Repräsentanz. Mit Bürger*innenräten schaffen wir die Möglichkeit, bei ausgewählten Themen die Alltagserfahrung von Bürger*innen in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Wir sorgen in einem ersten Schritt dafür, dass es eine gesetzliche Grundlage für Bürger*innenräte gibt und sich das Parlament mit den Ergebnissen beschäftigen muss. In der kommenden Wahlperiode wollen wir weitere Optionen für eine stärkere Institutionalisierung von Bürger*innenräten prüfen, unter anderem direktdemokratische Verfahren zu einzelnen Beratungsergebnissen. Auf Initiative der Regierung, des Parlaments oder eines Bürger*innenbegehrens beraten zufällig ausgewählte Menschen, die in Deutschland leben und mindestens 16 Jahre alt sein müssen, in einem festgelegten Zeitraum über eine konkrete Fragestellung. Sie erarbeiten Handlungsempfehlungen und geben Impulse für die öffentliche Auseinandersetzung und die parlamentarische Entscheidung. Eine freie, gleiche und faire Beratung muss sichergestellt werden, unter anderem durch zivilgesellschaftliche und wissenschaftliche Beratung. Außerdem werden wir ein digitales Portal, wie es zum Beispiel in Baden-Württemberg schon erfolgreich angewendet wird, für die aktive Beteiligung an der Gesetzgebung einführen und das Petitionsrecht zu einem leicht zugänglichen Instrument für bessere Mitwirkung am demokratischen Prozess ausbauen. Wir wollen Beteiligung fördern und politische Bildung als wichtige Querschnittsaufgabe auch auf kommunaler Ebene voranbringen.
Weitere Informationen zum Thema Moderner Staat finden Sie hier: https://www.gruene.de/themen/moderner-staat
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock