Frage an Annalena Baerbock von Michael S. bezüglich Gesundheit
Hallo
Sie treten nach meiner Kenntnis im Rahmen der Diskussionen um die Bekämpfung von Corona dafür ein, das Urheberrecht für die Impfstoffproduktion zeitweilig aufzuheben. (Bitte korrigieren Sie mich bei Fehlern!) Nun scheint im Rahmen der Impfungen die qualitätsgesicherte Produktion wirksamer und gleichzeitig nebenwirkungsarmer Impfstoffe zu sein, und im Falle von Deutschland - nicht nur für Impfstoffe - der Behalt bzw die Etablierung (nicht nur, aber doch auch) nationaler Produktionsstätten. Dem entgegen steht das vor allem hier hürden- und auflagenreiche (und daher zeitfressende) Genehmigungs- und Umsetzungsverfahren. IMHO sichtbar an der immer noch nicht zeitadequat funktionierenden Nachverfolgung von Clustern sowie nicht funktionierenden Koordination der Impfarbeit.
1. Mögen Sie erläutern, inwieweit der Verzicht auf Lizenzrechte "nebenwirkungsärmer" ist als die Reorganisation des doch bisher immer stärker ökonomisierten Gesundheitssystems in seinen verschiedenen Hierarchiestufen?
2. Mögen Sie erläutern, welchen Anreiz zum Forschen diese Regelung großen Konzernen gibt, wenn Sie doch kostenlos kleinere Verfahren quasi "erben"(wenn auch nur auf Zeit), und durch Modifikationen (wie jetzt bei Pfizer und biontech) aus der Lizenzbindung lösen können?
Danke
Michael Schwarzer
Sehr geehrter Herr Schwarzer,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Zum Schutz vor neuen und zur Bekämpfung der alten Krankheiten setzen wir auf verstärkte internationale Zusammenarbeit und Solidarität unter dem Dach der zu reformierenden Weltgesundheitsorganisation als Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Wir wollen die WHO in ihrer Ausstattung mit deutlich höheren Beiträgen und einem klaren Mandat als koordinierende Organisation der globalen Gesundheit befähigen. Das Ziel aller Maßnahmen muss sein, dass noch in diesem Jahr die bestehenden Produktionskapazitäten von Covid-19-Impfstoffen erhöht und Impfstoffe im Rahmen der COVAX-Allianz an einkommensschwache Länder geliefert werden. Zusätzlich setzen wir uns für einen aktiven Technologie- und Wissenstransfer für die Herstellung entscheidender Arzneimittel ein. Die Gewährleistung offener, fairer und flexibler globaler Lieferketten ist dafür genauso Voraussetzung wie die Aufhebung weltweiter Exportrestriktionen für Covid-19-Impfstoffe. Da wo freiwillige Produktionspartnerschaften nicht ausreichen, unterstützen wir Anträge auf Erteilung von verpflichtenden Lizenzen gegen Entschädigungen für COVID-Impfstoffe und bringen uns in diesem Sinne bei der WTO für eine temporäre Aussetzung für Patente für Technologien zur Bekämpfung von Covid-19 in die Verhandlungen ein. Monopole auf geistiges Eigentum zur Bekämpfung von Krankheiten dürfen den Zugang zu überlebenswichtigen Schutzmaterialien, Impfstoffen und Arzneimitteln nicht versperren. Nichtsdestotrotz reichen die alleinige Forderungen nach Patentfreigaben hier nicht aus. Wir möchten diese Probleme systemisch angehen und langfristig bekämpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock