Frage an Annalena Baerbock von Barbara O. bezüglich Frauen
Guten Tag Frau Baerbock,
auf Twitter folge ich verschiedenen Personen und Nachrichtenmagazinen, um stets auf dem Laufenden zu sein, welche gesellschaftlichen Themen im Moment das Tagesgeschehen bestimmen. Manchmal lese ich nur die Kommentare, um ein Stimmungsbild von anderen Usern zu bekommen. So auch geschehen, als die Zeit einen Artikel veröffentlichte, bei dem es um das angeblich evolutionär bedingte Begehren der Frauen zu erfolgreichen Männern ging. Ein reißerische Behauptung, die wohl nur für Klicks sorgen sollte und die dann folglich alle möglichen Männern dazu einlud, ihre abwertenden Kommentare über Frauen zu posten. Einer dieser Kommentare lautete, dass alle Frauen für Geld die Beine breit machten, solange der Preis stimmt. Davon angewidert und beleidigt, meldete ich den tweed, bekam aber von Twitter die Antwort, sie hätten kein Fehlverhalten feststellen können.
Haben wir nicht Gesetze, die dazu auffordern, bestimmte Netiquette-Regeln einzuhalten. Wer kontrolliert Twitter und was könnte man jetzt tun, um dem Unternehmen klarzumachen, dass so eine Behauptung sehr wohl sehr beleidigend ist? Hier die Originalantwort:
Hallo,
Wir haben deine Beschwerde zu @Zaim48950308 erhalten.
Wir haben den gemeldeten Inhalt untersucht und konnten keinen Verstoß gegen die Twitter Regeln (https://support.twitter.com/articles/18311)) oder deutsche Gesetze feststellen. Wir sind deswegen dazu nicht aktiv geworden.
Mit freundlichen Grüßen,
Twitter
Artikel Zeit online: Die sexuelle Selektion hat dazu geführt, dass Frauen auf erfolgreiche Männer stehen. Selbst heute noch. Wie kann das sein?
Die Enttäuschung über Männer, die sich selbst nach 50 Jahren der Emanzipation noch immer in so herabwürdigender Weise über Frauen äußern können, läßt mich Ihnen schreiben, erhoffe ich mir doch von Ihnen Frau Barbock endlich ein konsequentes Vorgehen gegen solche Möglichkeiten.
Über eine Antwort Ihrerseits würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
B. O.
Sehr geehrte Frau Olschewski,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir stimmen Ihnen zu, dass der von Ihnen geschilderte Kommentar abstoßend und für Frauen herabwürdigend ist. Diese Verhaltensweisen, die es leider im Netz zunehmend zu beobachten gibt, sind einer fruchtbaren gesellschaftlichen Diskussion, die auf gegenseitigen Respekt fußt, alles andere als förderlich.
Im Hinblick auf die sozialen Medien, wie Twitter, Facebook & Co, gelten zum einen die eigenen Plattformregeln (meist sog. Gemeinschaftsstandards genannt) sowie verschiedene Gesetze. Im Hinblick auf den von Ihnen geschilderten Kommentar gelten die Regeln von Twitter, die Sie hier finden können: https://help.twitter.com/de/rules-and-policies/twitter-rules
Danach ist der Kommentar nicht zu beanstanden. Er belästigt nicht eine Person, ruft nicht zu Gewalt auf, enthält keine strafbaren Inhalte o.ä.
Zusätzlich gilt seit Anfang 2018 in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dass gegen strafbare Hass und Hetze im Internet helfen soll. Es verpflichtet Plattformen wie Facebook, Youtube, Twitter und Co. unter anderem, gemeldete Postings innerhalb von 24 Stunden zu löschen, wenn sie “offensichtlich gegen geltendes Recht” verstoßen. Auch hier muss man auf den genannten Kommentar zu dem Ergebnis kommen, dass er keine strafbaren Inhalte enthält, also keine Beleidigung einer bestimmten Person. Er fällt daher aus unserer Sicht noch unter die Meinungsfreiheit.
Hass, Hetze und Desinformation sind leider - auch nach Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes - sehr präsent auf den Plattformen. Wir Grüne haben bereits im November 2018 im Bundestag den Antrag „Netzwerkdurchsetzungsgesetz weiterentwickeln – Nutzerrechte stärken, Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken sicherstellen“ (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/059/1905950.pdf) eingebracht. Darin machen wir Verbesserungsvorschläge, zeigen nötige Anpassungen am NetzDG auf und schlagen vor allem eine wirksame Gesamtstrategie gegen die Verrohung der Debatten im Netz vor. Denn dabei geht um nichts weniger als um zentrale Weichenstellungen für unser demokratisches Miteinander im digitalen Zeitalter. Im Zentrum muss stehen, die Nutzer*innenrechte zu stärken und dabei die Balance zwischen Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit zu wahren. Zudem sind Frauen und Mädchen überdurchschnittlich häufig von Hass und Gewalt im Netz, sogenannter „digitaler Gewalt“, betroffen. Diese Form von Gewalt gegen Frauen, die erhebliche seelische und psychische Beschwerden und häufig auch den Rückzug aus der Netzöffentlichkeit zur Folge hat, muss unseres Erachtens stärker berücksichtigt werden. Die Bundesregierung ist hier jahrelang nicht ernsthaft tätig geworden. Berechtigte Schutzansprüche laufen weiter ins Leere. Ein erster Schritt wäre etwa die Erweiterung der Berichtspflicht der Plattformen zu Angaben über Geschlecht der Opfer sowie Meldenden, um eine wichtige empirische Grundlage für weitere Schritte zu bilden.
In unserem neuesten Antrag "Hass und Hetze wirksam bekämpfen, Betroffene stärken und Bürgerrechte schützen" haben wir unsere Gesamtstrategie gegen Hass und Hetze im Netz weiter ausgebaut, um einen koordinierten Rahmen zu schaffen, der das Problem als gesamtgesellschaftliches Phänomen einer Verrohung der Debattenkultur und die Fortsetzung wie Befeuerung analoger Formen von Diskriminierung und Gewalt begreift und auf seinen sämtlichen Ebenen bearbeitet, Sie finden diesen hier: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/177/1917750.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock