Frage an Annalena Baerbock von Frank S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Baerbock,
folgender Absatz im vor kurzem veröffentlichten Programmentwurf der Grünen zur Bundestagswahl 2021 bereitet mir große Bauchschmerzen:
“Wir stehen für eine rationale Sicherheits- und Kriminalpolitik, die konkrete Gefahren anlassbezogenen und zielgerichtet abwehrt statt die Bevölkerung mit pauschaler Massenüberwachung unter Generalverdacht zu stellen. Statt pauschaler, anlassloser Vorratsdatenspeicherung und genereller Backdoors für Sicherheitsbehörden oder Staatstrojaner für Geheimdienste wollen wir es der Polizei ermöglichen, technische Geräte anhand einer rechtsstaatlich ausgestalteten Quellen-TKÜ zielgerichtet zu infiltrieren. Zudem soll eine Meldepflicht für Sicherheitslücken eingeführt werden.”
Ich befürworte den Großteil der Aussagen, muss aber auch feststellen, dass die “Infiltrierung technischer Geräte mittels zielgerichteter Quellen-TKÜ” ziemlich genau die Definition eines Staatstrojaners ist (der im selben Satz abgelehnt wird). Dies ist sowohl verwirrend als auch erschreckend.
Welche Ziele gedenken Sie mit dieser Maßnahme zu verfolgen? Ich sehe darin nur eine Gefährdung der IT-Sicherheit und einen Vertrauensmissbrauch für den Normalbürger, da die meisten Kriminellen eh über Mittel und Wege verfügen, solche Maßnahmen zu umgehen.
Mit ist natürlich klar, dass Sie damit noble Ziele verfolgen. Aber die politische Situation kann sich ändern, Gesetze können schnell aufgeweicht werden und manche Behörden haben nachgewiesenermaßen nicht immer nur lautere Absichten.
Ich möchte meiner Regierung und dem Staat vertrauen können, ohne ihnen vertrauen zu müssen.
Sehr geehrter Herr Schlegel,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir lehnen Staatstrojaner in ihrer jetzigen Form weiterhin sehr klar ab. Zur Verfolgung schwerster Straftaten können wir uns den Einsatz einer Quellen-TKÜ ausschließlich im Polizeibereich unter glasklaren rechtsstaatlichen Voraussetzungen vorstellen. Bedingung hierfür ist, dass es zukünftig keine Massenüberwachung a la Vorratsdatenspeicherung mehr gibt, die die Gesamtbevölkerung anlasslos unter Generalverdacht stellt. Genauso konditionieren wir unsere Zustimmung zu einer Quellen-TKÜ mit der Einführung einer staatlichen Meldepflicht für Sicherheitslücken. Die Online-Durchsuchung lehnen wir weiterhin sehr entschieden ab.
In der aktuellen, längst im Einsatz befindlichen Form steht die Quellen-TKÜ nicht im Einklang mit verfassungsrechtlichen Vorgaben. Statt die Eingriffsschwellen hochzusetzen und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nach Jahren endlich nachzukommen, weitet die Große Koalition das Instrument derzeit massiv aus. Der Status Quo zum Zeitpunkt der Bundestagswahlen wird aller Voraussicht nach so aussehen, dass das verfassungswidrig im Einsatz befindliche Instrument nicht nur der Polizei, sondern auch den Nachrichtendiensten zur Verfügung steht. Auch das lehnen wir weiterhin sehr klar ab. Vor diesem Hintergrund ist unser jetziger Vorschlag eine glasklare rechtsstaatliche Einhegung der Quellen-TKÜ.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock