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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Anne K. •

Frage an Annalena Baerbock von Anne K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Baerbock,

können Sie die ablehnende Haltung der Grünen zum weiteren Einsatz der Bundeswehr im Irak zur Bekämpfung des IS erläutern? Halten Sie solche Einsätze generell für unnütz bzw. falsch oder speziell diesen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Kudoke,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Seit Dezember 2015 unterstützt die Bundeswehr die internationale Anti-IS-Koalition. Die Bundeswehr operiert dabei nach wie vor nicht in einem System kollektiver Sicherheit, sondern in einer Koalition der Willigen. Aufgrund des Fehlens einer völker- und verfassungsrechtlichen Grundlage kritisieren wir Grüne den rechtlich hochproblematischen Bundeswehreinsatz seit Jahren. Ein nicht von den Vereinten Nationen mandatierter Einsatz im Rahmen einer losen Staatenkoalition der Willigen kann ein System kollektiver Sicherheit nicht ersetzen und steht unseres Erachtens im deutlichen Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Das vorliegende Mandat sieht nun vor, dass die Aufgaben Luftbetankung, bodengebundene Luftraumüberwachung und Beteiligung an AWACS-Luftraumüberwachungsflügen ausschließlich im Rahmen der Anti-IS-Koalition übernommen werden. Demgegenüber können die Fähigkeiten Aufklärung, Führung, Führungsunterstützung, militärisches Nachrichtenwesen, Sicherung und Schutz, gegebenenfalls Rettung und Rückführung isolierten Personals, logistische, sanitätsdienstliche und sonstige Unterstützung sowie strategischer und taktischer Lufttransport zukünftig sowohl durch die Anti-IS-Koalition als auch die NATO-Mission im Irak ausgeführt werden.

Im März 2020 beendete die Bundeswehr den Einsatz der Luftwaffe mit den Aufklärungsjets („Tornados“). Wir haben dies lange gefordert. Es war ein überfälliger Schritt, da es für die Aufklärungsflüge über Syrien und dem Irak keine belastbare völker- und verfassungsrechtliche Grundlage gab.

Neben Beratungstätigkeiten für irakische Regierungsinstitutionen bildet die Bundeswehr die regulären irakischen Streit- und Sicherheitskräfte sowohl im Rahmen der Anti-IS-Koalition als auch im Rahmen der NATO-Mission aus. Die am 5. Januar 2020 vom irakischen Parlament geforderte Entschließung, die Präsenz ausländischer Truppen im Irak zu beenden, wird von der Bundesregierung als „nicht-bindend“ interpretiert. Die Übernahme von Teilaspekten des Engagements der internationalen Anti-IS-Koalition durch die NATO-Mission wird von der irakischen Regierung als Kompromisslösung angesehen.

Eine internationale Unterstützung der Reform des irakischen Sicherheitssektors und der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte, also auch von Deutschland, halten wir grundsätzlich für sinnvoll. Aufgrund der instabilen politischen Lage im Irak und eines fehlenden gesamtpolitischen Ansatzes können wir aber einer Ausbildung von Sicherheitskräften im Irak unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht zustimmen. Hochproblematisch ist insbesondere die mangelnde Kontrolle der Zentralregierung über die irakischen Sicherheitskräfte. Es ist unklar und schwer kontrollierbar, wer ausgebildet wird und auf welcher Seite die Ausgebildeten stehen.

Bedingt durch die Covid-19-Pandemie kann die Ausbildung im Irak weiterhin nicht wie geplant stattfinden. Die multinationale Ausbildung im Rahmen des Fähigkeitsaufbaues im Irak bleibt als Präventivmaßnahme gegen Covid-19 derzeit ausgesetzt.

Sie können sich hier auch die Rede von Dr. Tobias Lindner MdB anschauen, der unsere Position erklärt: https://www.tobias-lindner.de/reden/rede-bundeswehreinsatz-im-irak/

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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