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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gerd P. •

Frage an Annalena Baerbock von Gerd P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Frau Baerbock,

in der ARD Mediathek habe ich mir die Sendung von Anne Will des letzten Sonntags angeschaut. Über Vorstellungen, wie wir leben wollen, wurde leider nur am Rande gesprochen.

Daher nutze ich diese Möglichkeit, Fragen zu stellen und mir ein Bild zu machen:

Es sind sicherlich dringend erforderlich, Klimaziele zu erreichen und den Ressourcenverbrauch deutlich zu reduzieren (Ziele: 1,5°C und "earth overshoot day" am 31. Dezember oder später).

Neben notwendigen Investitionen in green technology ist es dazu meines Erachtens unverzichtbar, dass wir den Konsum und damit die Produktionsmenge deutlich reduzieren.

Das kann gut einhergehen mit der Reduzierung von wöchentlicher Arbeitszeit der Bevölkerung (vermutlich ist es nur so machbar) und wäre ein deutlicher sozialer Gewinn für Arbeitnehmer und ihre Familien.

Wenn wir das gezielt hinbekommen, kann das zu einer win-win-Situation führen; zu einer geregelten Reduzierung der Produktion ohne gesellschaftliche Verwerfungen. Mir ist klar, dass das keine triviale Aufgabe ist, sie sollte aber mit Kreativität lösbar sein.

In dem Zusammenhang habe ich folgende Fragen:

1.
Was denken Sie dazu, sehen Sie das auch so?

Wenn ja, welches sind ihre Sie diesbezüglichen Pläne?

Wenn nein, warum nicht und welche Alternative schlagen Sie vor?

2.
Kennen Sie die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie? (links zu Informationen über die Gemeinwohl-Ökonomie siehe unten)

Wenn ja, unterstützen Sie die schrittweise Umsetzung der Gemeinwohl-Ökonomie und wie?

Wenn Sie sie kennen und nicht unterstützen, warum nicht?

Über Antworten freue ich mich.

Vielen Dank und beste Grüße

Gerd Pöll

Infos über die Gemeinwohl-Ökonomie gibt es u.a. über folgende links:

zur homepage: deutschland.ecogood.org

zu einem sehr guten, einführenden Kurz-Video (ca.4 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=j2ZuiE-U1rk&feature=emb_logo

zu einem Vortrag von Christian Felber (ca. 1 Std.): https://www.youtube.com/watch?v=PBxKPAu8lvA

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Pöll,

vielen Dank für Ihre Nachricht und bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort. Viele Themen, die Sie ansprechen, fordern wir teilweise schon seit mehreren Jahren.

In unserem aktuellen Grundsatzprogramm heißt es: „Fortschritt heute heißt, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den gegenwärtigen und kommenden Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand zu ermöglichen - im Sinne von Klimaneutralität, Nachhaltigkeit, Vorsorge und Gerechtigkeit. In allen Lebensbereichen dürfen natürliche Ressourcen nur noch in dem Maße genutzt werden, wie sie sich auch wieder erneuern können. Daran werden politische Entscheidungen künftig gemessen.“ Mit unseren Strategien unterstützen wir also zwangsläufig die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie.

Sicherlich wirkt sich auch eine Kürzung der wöchentlichen Arbeitsstunden unmittelbar auf die wirtschaftliche Produktion von jeglichen Dingen aus. Ob diese Herangehensweise den Ressourcenverbrauch auch wirklich nachhaltig senkt und zu einem Umdenken führt, können wir nicht beurteilen. Uns ist es wichtig, dass wir die Wirtschaft sozial-ökologisch, klimaneutral und nachhaltig umbauen, denn kostbare Rohstoffe und wertvolle Energie werden verbraucht, um Dinge herzustellen, die eine immer kürzere Lebensdauer haben. Damit zerstören wir Natur und Umwelt, ohne dass wir Menschen einen Nutzen davon haben. Wir Grünen wollen weg von der Wegwerfgesellschaft und rein in die Kreislaufwirtschaft. Produkte müssen so gestaltet werden, dass sie langlebig und wiederverwendbar sind. Nur mit einer echten Kreislaufwirtschaft können wir der maßlosen Zerstörung von Umwelt, Natur und Klima ein Ende setzen. Deshalb ist die Kreislaufwirtschaft ein zentraler Baustein Grüner Zukunftspolitik. Unser Ziel: Deutschland zum Standort Nummer 1 für die Kreislaufwirtschaft zu machen.

Als erste Fraktion im Deutschen Bundestag haben wir konkrete Vorschläge entwickelt, wie eine ressourcenleichte, giftfreie und klimaneutrale Kreislaufwirtschaft Wirklichkeit werden kann. Unseren Beschluss können Sie hier nachlesen: https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-kreislaufwirtschaft.pdf

Außerdem beginnt seit dem 01. Januar 2021 der nationale Emissionshandel für die Bereiche Verkehr und Wärme. CO2 bekommt im Verkehr und bei der Wärme endlich einen Preis. Bisher mussten nur Kraftwerke und in begrenzten Umfang auch Industrieanlagen dafür zahlen. Die Einführung eines CO2–Preises ist vor allem auch ein Grüner Erfolg. Erst durch uns konnte im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat im Dezember 2019 erreicht werden, dass überhaupt ein CO2-Preis in wirksamer Höhe eingeführt wurde und im Gegenzug Bürger*innen und besonders kleine und mittlere Unternehmen über eine Senkung oder eine Deckelung der EEG-Umlage beim Strom entlastet werden. Kurzum: Wer das Klima schont, profitiert finanziell. Wer das Klima schädigt, zahlt. Der Staat verdient daran nichts. Die Einnahmen werden in Form eines vergünstigen Strompreises an die Bürger*innen zurückgegeben.

Um Umwelt und auch Menschenrechte verbindlich und wirksam zu schützen wollen wir Grünen ein Lieferkettengesetz einführen, das die Beachtung der Menschenrechte durch Unternehmen verbindlich regelt und Umweltverschmutzung in globalen Lieferketten vermindert. Mehr Informationen dazu finden Sie hier:
https://www.gruene-bundestag.de/themen/entwicklungszusammenarbeit/menschenrechte-und-umwelt-verbindlich-schuetzen

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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