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Annalena Baerbock
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Frage von Lukas B. •

Frage an Annalena Baerbock von Lukas B. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Baerbock,

anlässlich der jüngst von Koalition und AfD beschlossenen „Entfristung der Vorschriften zur Terrorismusbekämpfung“ würde mich interessieren, wie Sie und die Grünen insgesamt zum Themenkomplex „Grund- und Freiheitsrechte vs. (vermeintliche) Sicherheit“ stehen.

Lehnen Sie den eindeutigen Trend, die Befugnisse der Sicherheitsbehörden bzw. des Staates kontinuierlich und oft schleichend auszuweiten, grundsätzlich ab?
Würden Sie Befugnisse wie bspw. Kennzeichenscanner, weiträumige Videoüberwachung, Gesichtserkennung, Staatstrojaner, Ausweispflicht bei Mobilfunkkarten, automatisierte Bestandsdatenauskunft, Fingerabdrücke im Pass oder die Vorratsdatenspeicherung zurücknehmen, sollten Sie die Gelegenheit dazu bekommen, und wenn ja, welche?

Wie stehen Sie insbesondere zu heimlichen oder präventiven Maßnahmen wie bspw. Online- oder Hausdurchsuchungen?
Wie würden Sie generell den Bedarf und den Nutzen solcher Maßnahmen evaluieren wollen, Stichwort Transparenz, Unabhängigkeit und Empirie?

Vielen Dank,
mit freundlichen Grüßen,
L. B.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bergengrün,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Lassen sie uns mit Ihrer letzten Frage beginnen: Darin sehen wir gerade den Kern grüner Innenpolitik: Wir fordern eine evidenzbasierte Sicherheitspolitik. Das heißt, dass wir insbesondere Eingriffsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden aber beispielsweise auch neue oder geänderte Straftatbestände nach ihrem wissenschaftlich fundiert bewerteten Nutzen abwägen wollen. Das gilt nur nicht für solche Maßnahmen, die schlicht als verfassungswidrig betrachtet werden müssen. Eine rechtsstaatskonforme Ausgestaltung der Onlinedurchsuchung beispielsweise ist nicht ersichtlich, denn der Einsatz von Trojanern durch die Polizei und/oder Nachrichtendienste begegnet grundlegenden Bedenken. (Man denke nur an den Ankauf bzw. das notwendige Ausnutzen von Sicherheitslücken.) Im Übrigen gehören alle Sicherheitsgesetz regelmäßig auf den Prüfstand und was nicht unbedingt erforderlich ist, gehört zurückgeschnitten. Getragen von dieser Überzeugung waren wir seinerzeit für die Befristung der Vorschriften zur Terrorismusbekämpfung, die Sie erwähnen, und haben in der letzten Wochen gegen die Entfristung dieser Vorschriften gestimmt.

Wir Grüne lehnen auch die Aufnahme eines weiteren biometrischen Merkmals in den Personalausweisen ab. Im Europa-Parlament hat sich Sven Giegold entsprechend geäußert und sich dem Vorhaben entgegengestellt: "Massenhafter Identitätsklau ist schon mit neuen Ausweisen kein ernstzunehmendes Problem mehr. Fingerabdrücke im Ausweisen sind ein Placebo, das Sicherheit vorgaukelt und die Datensammelwut befeuert."

In der Bundestagsfraktion hat sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz schon seit Debattenbeginn entsprechend geäußert: Fingerabdrücke im Personalausweis sind auch ein Sicherheitsrisiko und ein erheblicher Eingriff in die Bürgerrechte, vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/heute/kuenftig-pflicht-in-der-eu-fingerprint-im-personalausweis-100.html.

Tatsächlich hat die Europäische Kommission ebenso wie die Bunderegierung bis heute den Nachweis nicht erbracht, dass es gravierende Fälschungsprobleme in den EU-Mitgliedsländern gibt, die einen derartigen Eingriff in die Grundrechte auf Privatheit aller EU-Bürgerinnen und -bürger rechtfertigen. Denn bereits die eingebrachten digitalen Lichtbilder ermöglichen eine eindeutige Identifizierung. Zahlreiche Sicherheitsvorgaben verhindern bereits heute Fälschungen. Hier könnte auch an weiteren Vereinheitlichungen der technischen Standards für Personalausweise gearbeitet werden.

Mit der verpflichtenden Einbringung von Fingerabdrücken besteht allerdings ein erhöhtes Risiko, dass es Unbefugten gelingt, die verschlüsselt eingebrachten Fingerabdruckdaten auszulesen und für eigene Zwecke zu missbrauchen, z.B. um an Tatorten falsche Spuren zu hinterlegen oder den Verdacht auf bestimmte Personen zu lenken.

Weitere Informationen zum Thema grüne Sicherheitspolitik finden Sie hier: https://www.gruene.de/themen/innere-sicherheit

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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