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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Arno D. •

Frage an Annalena Baerbock von Arno D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Baerbock,

Das Infektionsschutzgesetz ist die Basis für die freiheitseinschränkenden Maßnahmen und wurde im März 2020 flugs nochmal verschärft. Damals aus Angst, das Gesundheitssystem könne aufgrund vieler Covid-19 Kranker zusammenbrechen. Es wurde dann verlängert mit der Begründung einer epidemischen Lage nationaler Tragweite. Diese wird gebetsmühlenartig auch von den Leitmedien propagiert mit dem STUMPF eindimensionalen Blick auf die Neuinfektionen, die korrekter Weise PCR Positiv Getestete heißen müssten. Wie stehen Sie zu dieser Begründung für die Fortsetzung des Infektionsschutzgesetzes?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Driescher,

vielen Dank für Ihre Nachricht und bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort.

Deutschland befindet sich immer noch mitten in der Pandemie. Deshalb haben Bund und Länder weitreichende Maßnahmen ergriffen, um Leben und Gesundheit aller zu schützen. Dafür ist eine ausreichende, vom Parlament beschlossene Rechtsgrundlage erforderlich. Diese wurde im Bundestag mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz geschaffen. Das Parlament setzt damit einen Rahmen für das Handeln der Regierungen und hegt zugleich das Regierungshandeln ein. Im Vorfeld dieses Beschlusses gab es heftige Auseinandersetzungen und es kursierten verschiedene Meinungen über Inhalt und Ziel des Gesetzes. Mit der Gesetzesänderung entstehen, entgegen vieler Befürchtungen, keine neuen Pflichten zum Tragen von Masken, Abstandsgebote, Ausgangsbeschränkungen oder ähnliches. Es wird vielmehr endlich eine verfassungsmäßig erforderliche Rechtsgrundlage geschaffen.

Wir Grüne haben lange dafür gekämpft, dass der Bundestag darüber entscheidet, welche Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erlassen werden dürfen und unter welchen Voraussetzungen. Auch die Umsetzung der Corona-Bekämpfung in den Verordnungen der Bundesländer braucht eine klarere parlamentarische Grundlage. Das hat erst kürzlich eine Reihe von Gerichten geurteilt. Deshalb haben wir als grüne Bundestagsfraktion einen eigenen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf (https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/243/1924380.pdf) vorgelegt und mit Erfolg gegenüber den Koalitionsfraktionen darauf gedrungen, den ursprünglichen Entwurf an entscheidenden Stellen zu reparieren. Wir haben einiges erreicht. Zukünftig müssen Rechtsverordnungen auf vier Wochen befristet und klar begründet werden. Das stärkt die rechtliche Grundlage der Pandemiebekämpfung und bindet diese an das Parlament. Zudem wird der Zweck von Maßnahmen, der Schutz von Leben und Gesundheit sowie der die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems, konkretisiert. Dem verfassungsrechtlichen Rang von Kunst und Kultur wird besondere Rechnung getragen und Besuchsbeschränkungen in Alten- und Pflege-heimen sowie Krankenhäuser dürfen nicht zur Isolation von Menschen führen. Kontaktdaten zur Pandemiebekämpfung dürfen nur für eben diese eingesetzt werden und müssen nach vier Wochen gelöscht werden.

Das Gesetzgebungsverfahren zum Bevölkerungsschutzgesetz wurde von den Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD mit großer Eile in einer kritischen Phase der Pandemie angeschoben. Das haben wir Grüne kritisiert und seit langem gefordert, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom Parlament beschlossen werden müssen. Die Regierungskoalition war leider zu einem früheren Zeitpunkt nicht bereit dazu.

Nach langen und intensiven Debatten in der Fraktion haben wir dem Gesetzentwurf zugestimmt, um die notwendigen Maßnahmen auf eine sichere Rechtsgrundlage zu stellen. Wenn jetzt in der zweiten Welle, bei sich füllenden Intensivstationen, die Schutzmaßnahmen von Gerichten aufgehoben werden müssten, käme das einem Staatsversagen beim Gesundheitsschutz gleich.

Die persönliche Erklärung von Annalena Baerbock finden Sie hier hier: https://www.annalena-baerbock.de/persoenliche-erklaerung-zum-dritten-bevoelkerungsschutzgesetz/

Aber was wir jetzt dringend brauchen ist: Verlässlichkeit, Einheitlichkeit und vor allem Transparenz in der Corona-Bekämpfung. Nötig ist eine längerfristige Perspektive. Dafür schlagen wir einen bundesweit verbindlichen Stufenplan vor, der auf längere Sicht zeigt, wie das Leben mit dem Coronavirus aussieht. Im Vergleich zur jetzigen Situation sieht der Plan frühere Eingriffsstufen vor, verlangt zum Teil konsequentere Maßnahmen - mit dem Einstieg in die Risikostufe 2 (vergleichbar einer 7-Tage-Inzidenz von über 50) sollen etwa nach Möglichkeit alle Einwohner*innen in dem Risikogebiet mittels Schnelltest getestet werden. Gleichzeitig macht der Stufenplan durch seine stärkere Differenzierung aber auch mehr Kultur, Begegnung, Gastronomie und Handel möglich, solange das lokale Infektionsgeschehen niedrig ist und kontrollierbar bleibt. Weswegen wir unteranderem eine Strategie fordern, welches Verlässlichkeit, Einheitlichkeit und Transparenz bringen soll:
https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/corona/pdf/201204-autorinnenpapier-Corona-Strategie.pdf

Ein solcher Plan sollte nicht von der Politik allein vorgegeben werden, sondern muss zwingend medizinische und gesundheitswissenschaftliche Faktoren sowie wirtschaftliche und soziale Folgen berücksichtigen. Dafür braucht es die Empfehlung eines interdisziplinär besetzten Pandemierates, der auch die Kriterien vorschlägt, die für ein umfassendes Lagebild geeignet sind.

Die Corona-Strategie sieht außerdem vor, Schnelltests zielgerichtet großflächig einzusetzen, mit einem Update die Corona-Warn-App attraktiver zu machen und die App so zu einem echten Unterstützungstool in der Corona-Bekämpfung weiterzuentwickeln und macht Vorschläge, wie für Menschen, die zu Risikogruppen gehören, eine sichere Teilhabe am sozialen Leben möglich bleibt. Für bestimmte Anwendungsgebiete schlagen Expertinnen und Experten daher den Ausbau von Schnelltests vor. Diese so genannten Antikörper-Tests sind im Vergleich zu PCR-Tests zwar weniger genau und es kommt häufiger zu falsch-positiven Ergebnissen. Sie sind jedoch deutlich schneller – das Ergebnis liegt in der Regel innerhalb weniger Minuten vor. Gleichzeitig erkennen sie eine Infektion besonders sicher dann, wenn die Patientin oder der Patient besonders ansteckend ist. Bei regelmäßiger Anwendung können solche Tests Infektionen schon dann erkennen, wenn noch keine oder keine eindeutigen Krankheitssymptome erkennbar sind. Dadurch lassen sich Infektionsketten besser unterbrechen und die Weiterverbreitung des Virus eindämmen. Die allgemeine Kritik an den PCR-Test teilt die Mehrheit der Wissenschaft nicht - sie ist nicht perfekt, hilft aber vor allem Ketten zu durchbrechen. Allerdings ist eine gute Aufklärung nötig. Einerseits um die korrekte Anwendung des Tests sicherzustellen und andererseits um darüber zu informieren, wie sich die Menschen im Falle eines positiven oder negativen Testergebnisses verhalten sollten. Wichtig ist auch der Hinweis, dass ein negatives Testergebnis nicht zur Sorglosigkeit, einem Verzicht auf Abstand und die Maske führen darf. Negative Testergebnisse sind nur eine Momentaufnahme.

Allerdings ist eine gute Aufklärung nötig. Einerseits um die korrekte Anwendung des Tests sicherzustellen und andererseits um darüber zu informieren, wie sich die Menschen im Falle eines positiven oder negativen Testergebnisses verhalten sollten. Wichtig ist auch der Hinweis, dass ein negatives Testergebnis nicht zur Sorglosigkeit, einem Verzicht auf Abstand und die Maske führen darf. Negative Testergebnisse sind nur eine Momentaufnahme. Dies gilt auch bei PCR-Tests – Testungen ermöglichen immer Ketten zu durchbrechen, damit sich das Virus nicht so schnell ausbrechen kann. Mehr Informationen zu den PCR-Tests findest Sie hier: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html

Außerdem fordern wir seit dem ersten Lockdown einen „Pandemierat“, der Bundestag und Bundesregierung interdisziplinär beraten soll. Mehr Informationen dazu finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/gesundheit/pandemierat-jetzt-gruenden

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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