Frage an Annalena Baerbock von Martin R. bezüglich Energie
Sehr geehrte Frau Baerbock,
die Grünen im Bundestag, mit Ihnen als Speerspitze, fordern vehement das Einstellen jeglicher politischen Unterstützung für die Gaspipeline NordStream 2. Unter dem Gesichtspunkt dass man grundsätzlich gegen Erdgas/Flüssiggas als Energieträger ist, wirkt zwar befremdlich auf mich (Stichwort: Übergangstechnologie), kann ich aber noch asl Argument verstehen.
Nicht verstehen kann ich aber, dass die Grünen gleichzeitg dem Aufbau/Ausbau einer LNG-Infrastruktur das Wassrer reichen. So z.B. geschehen in der Abstimmung am 7. Juli im Bundesrat [https://www.bundesrat.de/DE/plenum/abstimmung/abstimmung-node.html], in der alle Bundesländer mit Regierungsbeteiligung Ihrer Partei, der Grünen, dem Antrag "„Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland" zugestimmt haben.
Meine Frage ist nun:
warum sind namentlich Sie, Frau Baerbock - und ich zitiere Sie hier: "Diese Gaspipeline Nord Stream 2 spaltet Europa. (…) Entziehen Sie dieser Pipeline endlich Ihre politische Unterstützung..") [https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Nord-Stream-2-Emotionale-Debatte-im-Bundestag,nordstream460.html] - und ebenso Ihre Partei, die Grünen [https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw38-de-nord-stream-2-792670] , gegen vermeintlich saubereres über Pipeline transportiertes Erdgas, während durch Ihre Partei und vermutlich auch durch Sie, gleichzeitig LNG-Infrastruktur unterstützt wird, über die dann auch US-FrackingGas angeliefert werden wird.
(Ich weise nicht nur auf die besonders schädliche Fördermethode des Fracking und den ebenso schädlicheren und noch dazu risikoreicheren Transport per Schiff (Stichwort Schweröl) hin, der diese Form sogar noch "schmutziger" macht als Kohle, sondern auch auf den damit verbundenen höheren Preis hin, den wir als Endverbraucher zu tragen haben, obwohl m.E. die große Mehrheit kein FrackingGas nutzen will.)
Vielen Dank für Ihre erklärende Antwort.
Sehr geehrter Herr Puetz,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Nord Stream 2 spaltet Europa. Wir sind der Meinung: Die Pipeline untergräbt unsere strategische außenpolitische Souveränität und konterkariert unsere EU Energie- und Klimaziele. Gerade während der deutschen EU Ratspräsidentschaft ist viel von europäischer Solidarität geredet worden. Aber Solidarität kann es nicht geben, wenn das größte Land bei einem der zentralen europäischen Infrastrukturprojekte selbst nicht europäisch denkt und handelt. Die Bundesregierung muss dem Projekt umgehend die politische Unterstützung entziehen.
Zur LNG-Infrastruktur: Die Länder haben das Thema LNG-Terminals kontrovers diskutiert und aus verschiedenen Gründen unterschiedlich bewertet. Es ist abgesehen davon aber dennoch zu betonen, dass wir als Grüne uns - auch über die unsere Landesgrenzen hinweg - für ein ausnahmsloses Frackingverbot aussprechen und einsetzen (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/048/1904859.pdf). Darüber hinaus müssen wir uns ohnehin perspektivisch von allen fossilen Energieträger verabschieden, um die wichtigen Klimaziele zu erreichen. Dies haben wir hier noch einmal wissenschaftlich fundiert ausarbeiten lassen: https://julia-verlinden.de/detail/article/studie_so_sieht_die_gruene_gas_welt_aus/
Grundsätzlich stand damals im Bundesrat weder die Art der Gasförderung noch das Ursprungsland zur Abstimmung. Die verabschiedete Verordnung verpflichtet die Fernleitungsnetzbetreiber lediglich, Gasleitungen zwischen LNG-Anlagen und dem Fernleitungsnetz zu errichten und die LNG-Anlagen an das Gasnetz anzuschließen. Die Kosten für die Anbindung tragen zum Großteil die Fernleitungsnetzbetreiber. Sie können diese Kosten über die Netzentgelte auf alle Netznutzer*innen umlegen. Die Verordnung allein ist noch nicht ausschlaggebend dafür, ob Terminals am Ende gebaut werden oder nicht. Sondern es müssen Terminals erst noch beantragt und evtl. genehmigt werden - oder eben nicht. Natürlich ist die Finanzierung nun leider einfacher, weil die Netzanbindung von der Allgemeinheit bezahlt wird.
Die Verordnung bzw. die politischen Rahmenbedingungen insgesamt haben aktuell keinen Einfluss darauf, woher das importierte Gas stammen wird. Aber Faktoren wie ein CO2-Preis, zukünftige Grenzwerte für Schiffe oder LKWs sowie Heizungen und viele weitere werden darüber entscheiden, ob LNG-Terminals sich aus Sicht von Investoren rechnen oder nicht.
Wie gesagt: Ein ausnahmsloses Fracking-Verbot ist nicht nur zum Schutz von Umwelt und Gesundheit, sondern auch energie- und klimapolitisch überfällig.
Die komplette Rede von Annalena Baerbock zu Nord Stream 2 finden sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/nord-stream-2-1
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock